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Offizieller Rußland-Besuch ungarischer Baptisten

Das Eis ist gebrochen

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Erster offizieller Rußland-Besuch ungarischer Baptisten seit 20 Jahren findet statt

 

M o s k a u  -- “Wir waren sehr bewegt; das Eis ist gebrochen.” Das war die Feststellung von Ákos Bukovszky (Szombathely), dem Assistenten für Außenbeziehungen beim Bund der ungarischen Baptisten, nach einem improvisierten Besuch im Moskauer Seminar der Russischen Union der Evangeliumschristen-Baptisten (RUECB) am 17. März. Bei dieser Begegnung hatte RUECB-Präsident Juri Sipko (Moskau) völlig unverhofft die ungarischen Gäste um Verzeihung gebeten für das militärische Eingreifen der Sowjetarmee in Ungarn.

 

Auf Wunsch der beiden Gäste wurde der Vorfall am folgenden Tage vor laufender Kamera wiederholt, damit er im staatlichen, ungarischen Fernsehen gezeigt werden kann. Bei der Wiederholung sagte Sipko u.a.: „Ich kann mich daran erinnern wie 1956 die russischen Panzer Budapest erstürmten und die nationale Sehnsucht nach Freiheit mit Gewalt erstickten. Fünfzig Jahre lang haben Sie unter dem Druck eines totalitären Regimes gelitten. Ich möchte im Namen der russischen Baptisten die ungarischen Brüder und Baptisten um Verzeihung bitten. Vor Gott können wir unsere Liebe füreinander bezeugen. Wir dienen dem russischen sowie dem ungarischen Volk und in Jesus Christus, in seinem Blut und in seiner Hoffnung finden wir Einheit. Ich danke Ihnen für Ihre Liebe und Geduld gegenüber Rußland.“

 

Dr. Bukovszky, ein pensionierter Ingenieur, hatte am Anfang des Aufenthalts gesagt, daß das Thema Blut die russischen und ungarischen Gläubigen sowohl trennt wie eint: „Das Blut der ungarischen Märtyrer von 1956 trennt unsere beiden Völker. Doch das Blut Jesu Christi verbindet uns wieder.“ Zum Abschluß des Besuches am 19.3. fügte er hinzu: „Ich muß mich immer wieder daran erinnern, daß ich zuerst ein Kind Gottes bin und erst an zweiter Stelle ein Ungar. Ich bin in meiner Überzeugung bestätigt worden, daß ich einem russischen oder rumänischen Gläubigen näher stehe als einem ungläubigen Landsmann. Der Empfang in Moskau ist wirklich großartig gewesen, und das ist die Botschaft, die ich an meine Kirche weitergeben werde.“

 

Kálmán Mészáros (Budapest), der Präsident des ungarischen Baptistenbundes, erzählte bei der Begegnung im Seminar am 17.3., daß während der Sowjetära die offiziellen Beziehungen zwischen Rußland und Ungarn „unbequem eng“ waren. Es folgten 20 Jahre des Schweigens – der letzte offizielle Besuch ungarischer Baptisten in Rußland hatte 1988 stattgefunden. Das neue Klima wird nun den ungarischen und russischen Baptisten gestatten, eine Form der Partnerschaft zu finden, die beide Seiten als wohltuend und angemessen empfinden können.

 

Die russischen Gastgeber geizten nicht mit Lob; den Ungarn wurde wiederholt gedankt für das Schmuggeln von Bibeln in die Sowjetunion z.Zt. des Kalten Krieges. Sogar der Schwiegervater von Ákos Bukovszky mußte als Pastor zurücktreten nachdem bekannt worden war, daß er die Briefkästen sowjetischer Armeeoffiziere, die in Ungarn stationiert waren, mit Bibeln versorgt hatte. Viel Dank bekam die bekannte Hilfsorganisation „Hungarian Baptist Aid“ aufgrund ihrer Bemühungen um die Versorgung der Überlebenden des Massakers von Beslan 2004.

 

Zum Abschied meinte Dr. Mészáros: “Wir kehren mit völlig anderen Vorstellungen nach Hause zurück. Wir dachten, wir hätten Rußland längst abgehängt. Doch nun mußten wir einsehen, daß uns die Russen in manchen Dingen voraus sind.“ Dazu zählen russische Bemühungen um die nachkommende Generation sowie um den Zugang zu staatlichen Stellen. Die beiden Gäste möchten ebenfalls den 11.500 Baptisten Ungarns über die Vorzüge von Gebetsfrühstücken und evangelistischen Fahrradtouren informieren.

 

Mészáros and Bukovszky waren auf Einladung des Nationalen Gebetsfrühstücks, das am 18.3. in Moskau seine jährliche Veranstaltung abhielt, nach Rußland gekommen. Im Namen des Frühstücks hatte die baptistische Abteilung für kirchliche Außenbe­ziehungen alle Baptistenbünde Europas (bis auf die kleinsten) zum Frühstück eingeladen. Das waren rund 50 Bünde und einzelne Personen. Doch die Ergebnisse erinnerten stark an den abgewiesenen Gastgeber bei einem großen Festmahl in Lukas 14: nur die beiden Ungarn sind der Einladung nach Moskau gefolgt. „Wir haben mit Qualität den Mangel an Quantität richtig wettgemacht,“ versicherte der Baptistenpastor Witali Wlasenko, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Nationalen Gebetsfrühstücks. „Diesen Besuch werden wir nicht bald vergessen, und wir hoffen auf eine gute Zusammenarbeit in Zukunft.“

 

Dr. William Yoder

Abteilung für kirchliche Außenbeziehungen der RUECB

Moskau, den 22. März 2008

 

Eine Veröffentlichung der Abteilung für kirchliche Außenbeziehungen der Russischen Union der Evangeliumschristen-Baptisten. Sie will informieren und erhebt nicht den Anspruch, eine einheitliche, offizielle Position der RUECB-Leitung zu vertreten. Zur Veröffentlichung freigegeben. Meldung Nr. 08-12, 624 Wörter.