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Die evangelikale Bewegung in den Vereinigten Staaten

Die evangelikale Bewegung in den Vereinigten Staaten (im Jahre 1980)

 

Vorwort

Das Adjektiv „evangelikal“, das erst seit etwa 1973 im deutschsprachigen Raum existiert, bezeichnet jene Gruppierungen, die auch mit dem Etikett „pietistisch“ oder „erwecklich“ versehen werden können. Die fundamentalen Dogmen des evangelikalen Glaubens lauten: 1. volle Zuverlässigkeit und höchster Autoritätsanspruch der Bibel; 2. Unentbehrlichkeit der Bekehrung und des persönlichen Wandels mit Gott; 3. Dringlichkeit des Missionierens. Im Gegensatz zu vielen theologischen „Liberalen“ glauben alle Evangelikalen an die Existenz Satans und das Weiterleben nach dem Tod, entweder im Himmel oder in der Hölle. Evangelikale bestätigen die Historizität der biblischen Wunder und lehnen einen Synkretismus ab, der den Ausschließlichkeitsanspruch Jesu (als einziger Weg zu Gott) aufhebt. Gemäß dem traditionellen Verständnis befassen sich Evangelikale vorwiegend mit dem „Jenseitigen“, Liberale mit dem „Diesseitigen“.

 

Um die nordamerikanische kirchliche Szene zu verstehen, ist es hilfreich, auf die theologischen Strömungen zu schauen, nicht auf konfessionelle Abgrenzungen. „Wir leben nicht mehr im Zeitalter der Denominationen, sondern im Zeitalter theologischer Bewegungen.“(1) Wohl jede größere Kirche nimmt an allen theologischen Bewegungen teil; zur Feststellung des theologischen Standpunktes des einzelnen genügt es also nicht, sich nur über seine Konfession zu orientieren.

 

Es wird sogar behauptet, die eigentliche Kirchenspaltung, die es heute zu überbrücken gelte, sei nicht die katholisch-protestantische Divergenz, sondern die Kluft zwischen Gruppierungen evangelikaler und ökumenisch-liberaler Überzeugung. Es bestehen in den USA überkonfessionelle Organisationen (z.B. die „Billy Graham Evangelistic Association“), deren Mitgliederzahl die der meisten Kirchen übertrifft.

 

1. Die Sternstunde amerikanischer Evangelikaler

Der amerikanische Meinungsforscher George Gallup nannte 1976 „das Jahr des Evangelikalen". Mittels Umfragen stellte er fest, 60 Prozent aller amerikanischen Einwohner „halten die Religion für sehr wichtig" und 33 Prozent nennen sich „wiedergeboren“ („born again“). Gallup zählte 20 Prozent zum „harten Kern" der „Wiedergeborenen" und nannte die USA den „frömmsten" unter den hochentwickelten Staaten.

 

„Born again“, das Schlagwort einer bis in die siebziger Jahre hinein „verfolgten, verspotteten, ignorierten und gönnerhaft behandelten Minderheit“ ist heute in jedem Haushalt bekannt. Heute nennen sich u.a. der frühere Präsident Carter, ein Haftentlassener des Watergate-Skandals (Charles Colson), ein ehemaliger schwarzer Revolutionär (Eldridge Cleaver), berühmte Sportler, Filmstars und Sänger (z.B. Bob Dylan) „wiedergeborene Christen“.

 

Während der ökumenische Liberalismus um das Überleben kämpft, gedeihen und wachsen Gemeinden evangelikaler, biblizistischer Überzeugung.(2) Neuentstandene, selbständige und theologisch fundamentalistische Gemeinden, wie die des Predigers Jack Hyles in Hammond/Indiana und des Evangelisten Jerry Falwell in Lynchburg/Virginia, können, sich fünfstelliger Besucherzahlen rühmen. Die in Dallas/Texas liegende südbaptistische Gemeinde W. A. Criswells soll 20.000 bis 30.000 Mitglieder zählen.

 

Besucher solcher Gemeinden bestehen in beachtlicher Zahl aus abgesprungenen Mitgliedern theologisch liberaler Gemeinden. Laut Studentenpfarrer Robert McAfee Brown „haben heute die evangelikalen Studentenmissionen sämtliche Studenten".

 

Der evangelikale Kirchenforscher Richard Quebedeaux macht die Bibelkritik und den daraus resultierenden Orientierungsschwund für die Zerstörung liberaler Gemeinden verantwortlich. In der überwiegend liberalen „United Church of Christ", die noch 1.895.000 Christen zählt, haben die Mitglieder heute ein Durchschnittsalter von 57 Jahren. Obwohl liberale Interessenparteien vorläufig die Führung älterer Denominationen und ökumenischer Gremien werden behalten können, sind es dennoch die Evangelikalen, die die Hauptstoßkraft des amerikanischen Christentums bilden.(3)

 

„Rechts- und Zentrumsevangelikale“ (nach dem Muster Quebedeauxs unterscheide ich zwischen Rechts-, Zentrums- und Linksevangelikalen) haben sich tatkräftig an der „Medienexplosion“ der siebziger Jahre beteiligt. Seit Jahrzehnten treten u.a. Billy Graham (geb. 1918), Oral Roberts und Rex Humbard in Radio- und Fernsehsendungen auf. Heute erreicht ein „Neuankömmling“, Pat Robertson, 70 Prozent aller amerikanischen Haushalte mit seinem Programm „The 700 Club". Ein zweiter Rechtsevangelikaler und Charismatiker, Jim Bakker, strahlt eine konkurrierende Sendung „Praise the Lord Club“ aus. Robertsons „Christian Broadcasting Network“ baut in Virginia Beach/Virginia einen Fernsehsender auf, der mittels Satelliten imstande sein wird, eine Sendung simultan in 32 Sprachen auszustrahlen. Dieser Sender wird 30 Millionen Dollar kosten.

 

Dank des konjunkturellen Aufschwungs der sechziger und siebziger Jahre haben von freiwilligen Spenden lebende, evangelikale Unternehmen Erstaunliches geleistet. (In den USA werden von staatlichen Stellen grundsätzlich keine Kirchensteuem eingezogen.) Die noch im Bau befindliche „Oral Roberts University“ (von ihren Widersachern ein „Disneyland für Erwachsene“ genannt) hat einen gegenwärtigen Wert von 125 Millionen Dollar. Die „Billy Graham Evangelistic Association“ hat ein Jahresbudget von etwa 65 Millionen Dollar; der Wohltätigkeitsverein „World Vision lnternational'' bezog 1977 34,7 Millionen Dollar. Fernsehevangelist Robert Schuller baut in Kalifornien eine „gläserne Kathedrale“ mit einem Kostenanschlag von 14 Millionen Dollar auf. Eine nichtprotestantische Sekte, die nur 4 Millionen Mitglieder starke mormonische Kirche, hat einen Kapitalwert von mehr als zwei Milliarden Dollar und wird zu den fünfzig größten Konzernen der USA gezählt.

 

„Die Religion ist der wohlhabendste philanthropische Verein im wohlhabendsten Land der Erde“.(4) Abgesehen von den Gewinnen ihrer Kapitalanlagen erhielten religiöse Organisationen der USA im Jahre 1977 17 Milliarden steuerfreie Dollar von ihren Spendern. Dieser Tatbestand wirft moralische Bedenken auf, da jene im Rundfunk auftretenden Organisationen ihre Spenden vorwiegend den ärmsten Gesellschaftsschichten entlocken. Der Missionsverein Oral Roberts' und die mormonische Kirche u.a. wehren sich bis heute erfolgreich gegen eine staatlich oder kirchlich gelenkte Überprüfung ihrer Finanzen.

 

2. Gegenwärtige Merkmale der evangelikalen Bewegung

„Rechts- und Zentrumsevangelikale sind wohlhabender, besser gebildet, ernährt und gekleidet, als sie es einmal waren.“ Nach der Gründung des „Fuller Theological Seminary" 1947 entflammte das erste Streitgespräch um dieses recht umstrittene Seminar über die Tatsache, daß Professoren den „unerhört hohen" Jahreslohn von 7.500 Dollar erhielten. Heute ist es nichts Außergewöhnliches, wenn der Pastor einer evangelikalen oder charismatischen Großgemeinde „das Gehalt eines Arztes oder Rechtsanwaltes bezieht, nach der letzten Mode bekleidet ist, in den schönsten Villen lebt und die teuersten Autos fährt. Manche haben sogar ihre eigenen Flugzeuge“.(5) Der einst verpönte Evangelikale ist höchst respektabel geworden.

 

2.1. Erstens besitzt der Rechts- und Zentrumsevangelikale ein ausgeprägtes Erfolgsbewußtsein. Im Gegensatz zum Kollegen liberaler Ausführung gibt sich der führende Evangelikale sieges- und sendungsbewußt. Zwei Vereine für christliche Geschäftsmänner, die „Full Gospel Business Men's Fellowship International“ für Charismatiker und das „Christian Business Men's Committee“ für die übrigen vermitteln das Bild eines angekommenen, erfolgreichen Evangelikalentums.

 

Evangelisation und Gememdewachstum sind für Rechts- und Zentrumsevangelikale höchste Priorität. Verschiedene Weltkonferenzen zum Thema Evangelisation, zum Beispiel die von Billy Graham organisierten Konferenzen in West-Berlin (1966) und Lausanne (1974), unterstreichen gegenüber der Gesamtkirche das missionarische Anliegen der Evangelikalen. Die “Evangelism Explosion“ von James Kennedy und ähnliche Laienprogramme zielen auf blitzartiges Gemeindewachstum. Sie entwickeln praktische, handfeste Methoden, die innerhalb kürzester Frist einen gewaltigen Gemeindezuwachs verheißen. Donald McGavran, Professor am Fuller Seminar, ist Hauptinitiator und „Guru" des „church growth movement". Das unter Leitung Bill Brights stehende „Campus Crusade“, eine überkonfessionelle Laienmmission, spricht von „saturation evangelism“ (etwa "bedarfssättigende Evangelisation“) und rechnet oftmals die von ihm durchgeführte Anzahl missionarischer Gespräche und deren Ausgänge sorgfältig nach. Zahlen sind wichtig, und stattliche Finanz- und Besucherzahlen gelten als unwiderlegbarer Erfolgsbeweis der Bemühungen einer evangelikalen Organisation.

 

2.2. Zweitens ist das von Evangelikalen verkündete Evangelium privatistisch und individualistisch. Irdische, gesellschaftliche Anliegen gehören nicht in den Bereich des Spirituellen. Die persönliche Beziehung des einzelnen gegenüber Gott hat vor allem Vorrang. Billy Graham vertritt die geläufige Ansicht, „geistlich transformierte Menschen werden zwangsläufig eine transformierte Gesellschaft schaffen“. Man habe vor allem also nur zu evangelisieren.

 

Etwa 80 Prozent der in den USA verkauften christlichen Bücher werden von Nichthochschulabgängern erworben. Wahrscheinlich darum werden vorwiegend praktische „How to do  it" ­Bücher, das heißt Bücher mit praktischen Anleitungen zur Überwindung eines persönlichen Problems, umgesetzt. In einer einzigen Nummer einer führenden evangelikalen Zeitschrift fand ich u.a. folgende frei übersetzte Titel: „Der Schlüssel zum glücklichen Familienleben“, „Wie man sich entspannt“, „Freundschaften“, „Wie man für Kinder betet“, „Meine beste Stunde“, „Wie man von schlechten Gewohnheiten loskommt“, und die Selbstbiographie eines Querschnittsgelähmten.(6)

 

Eine jüngere Entwicklung sind die „Patricia French Charm Schools“, die christlichen Damen helfen, „ihre Körperhaltung, Stimme, Aussprache, Persönlichkeit und ihr allgemeines Aussehen zu verbessern“. Sogar eine evangelikale Modezeitschrift „Virtue“ wird herausgebracht. Die Zeiten modischer Zurückgebliebenheit sind vorüber, denn viele rechts- und zentrumsevangelikale Frauen greifen zu den modernsten Moden und Kosmetika.

 

Seit Erscheinen des Buches „The Total Woman“ von Marabel Morgan (1973) ist die Sexualität ein Hauptthema des evangelikalen Büchermarktes geworden. Morgans Buch stellte fest, die Hauptrolle der Frau bestehe darin, reizvoll zu sein und „ihrem Mann zu gefallen“. „Wenn eine Frau ihrem Mann gefällt, dann kann sie von ihm alles bekommen.“ Quebedeaux schreibt: „Früher habe ich behauptet, sogar die Evangelikalen genießen die Sexualität, seien dennoch zu gehemmt, um es offen zuzugehen. Heute aber proklamieren sie es von den Hausdächern."

 

Die traditionelle evangelikale Stellung der Frau wird durch die „Basic Youth Conflicts“-Schu­lungen des Junggesellen Bill Gothard untermauert. Trotz des Verzichts auf öffentliche Werbung gelingt es Gothard, 28.000 Zuhörer in seine sechstägigen Schulungen zu holen. Gothard spricht von einer „Befehlskette“, in der jeder einem Höhergestellten uneingeschränkten Gehorsam zu leisten habe. Das Kind ist den Eltern, die Frau dem Mann und der Ehemann nur Gott untergeordnet, denn „eine schlechte Entscheidung des Mannes ist besser als eine gute Entscheidung der Frau“. Offensichtlich werden hierbei gewisse Autoritätsbedürfnisse der Zuhörer gesättigt, denn sogar die Mitglieder liberaler und römisch-katholischer Gemeinden strömen hinzu.

 

2.3. Drittens bildet die evangelikale Christenheit Nordamerikas eine der solidesten Säulen des kapitalistischen Abendlandes.(7) Ein ehemals in Südvietnam tätiger Missionar schrieb, sehr wenige Menschen im damaligen Südvietnam hätten sich einen Christen vorstellen können, der nicht pro-westlich eingestellt gewesen wäre.(8) Bis auf einzelne Ausnahmen genoß die Intervention in Vietnam bis zu ihrem bitteren Abschluß den Segen aller Rechts- und Zentrumsevangelikalen.

 

Gewiß sind amerikanische Evangelikale nicht für ihre politische Kühnheit bekannt. Die für Zentrumsevangelikale tonangebende „National Association of Evangelicals“ (NAE) konnte sich im Kriegsjahr 1972 nur zu folgenden Erklärungen entschließen: 1) Die Todesstrafe sollte beibehalten wenden. (Der liberale „National Council of Churches“ vertrat die entgegengesetzte Position.) 2) Der Kongreß sollte Spenden an Hochschulen nicht versteuern. 3) Der Kongreß sollte auf allen Fluglinien den Genuß alkoholischer Getränke verbieten und das Rauchen stark einschränken.

 

In seiner berühmten „Honor-America“-Rede vom 4.7.1970 behauptete Billy Graham u.a.: Amerika habe „niemals seine Probleme verborgen“, es sei „das großzügigste Land in der Geschichte“, Amerika habe „niemals seine Macht mißbraucht, um andere Länder zu erobern“, und die amerikanische Geschichte sei von einem Glauben an Gott untrennbar.

 

Angesichts seines von der Berliner „Kirche“ nachgedruckten Interviews in der Zeitschrift „Sojourners“ (9.79) und seiner Korrespondenz mit dem ungarischen Leiter der Christlichen Friedenskonferenz Karoly Toth ist es denkbar, daß sich Graham heute von manchen der oben erwähnten Ansichten distanziert. Überhaupt birgt die Politik Grahams viele Widersprüche in sich; obwohl er zum Beispiel sehr lange im Watergate-Skandal hinter der Präsidentschaft Nixons stand, sprach er sich im Wahljahr 1968 gegenüber Nixon für eine Vizepräsidentschaftskandidatur des Vietnamkriegsgegners Mark Hatfield aus. „Graham kann den Krieg allgemein, die Korruption, den Drogenmißbrauch, die Rassendiskriminierung und alle Auswirkungen der Selbstsucht attackieren, ohne daß dabei jene (staatlichen) Mächte, die für derartige Erscheinungen die Hauptverantwortung tragen, sich angesprochen fühlen.“(9) Streiker und Strober schrieben: „Es ist nicht seine evangelikale Botschaft, die Graham zur beliebtesten Persönlichkeit Amerikas gemacht hat, sondern das, was er repräsentiert. . . . Graham hat die Schranken eines rein geistlichen Dienstes übersprungen und ist Fürsprecher der politischen Ansichten der überwältigenden Mehrheit aller Amerikaner geworden."

 

„Es wird zunehmend schwieriger, zwischen allgemeiner Gesellschaft und evangelikaler Christenheit zu unterscheiden. Evangelikale meinen, sie trügen durch ihre hohe Visibilität zur gesamtgesellschaftlichen Veränderung bei. Es wäre dennoch wohl richtiger, davon auszugehen, die Gesellschaft verändere die Evangelikalen.“(10) Wer also besiegt wen?"

 

3. Die Entstehung der evangelikalen Bewegung

Nordamerika stellte stets eine große theologische Vielfalt dar. 1845 trennten sich die

„Südbaptisten“, die die Sklaverei befürworteten, von ihren gemäßigten Brüdern im Mittelwesten und den europäisch gearteten, liberal­akademischen Brüdern im Nordosten. Diese theologische Geographie zeigt sich bis heute.

 

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts hatten sich zwei konkurrierende Strömungen innerhalb der protestantischen Kirchen herausgebildet: „Liberale“ oder „Modenisten“ akzeptierten die neueren Thesen europäischer Bibelkritik und die theologischen Folgerungen der sozialistischen Erhebungen Europas. Konservativere Gruppierungen wehrten sich vehement gegen dieses „Soziale Evangelium“ und wiederholten stets ihre Absicht, biblizistisch zu leben und zu handeln.

 

Noch vor Ausbruch des ersten Weltkrieges schloß sich die Mehrheit der „Orthodoxen“ der eschatologischen Lehre des Dispensationalismus an. Diese vom Prediger der englischen Brüdergemeinde John Nelson Darby (1800-1882) geschaffene Lehre war geneigt, alle bestehenden Denominationen als häretisch zu bezeichnen, und trug dadurch zur Festigung der Frontenbildung und zu einer sektiererischen Haltung der Konservativen bei. Eine Broschüre, veröffentlicht 1910 von Amzi Dixon (1854-1925) und R.A. Torrey (1856-1928), hatte den Titel „The Fundamentals" und verlieh schließlich den Konservativen die Bezeichnung „Fundamentalisten". Im ersten Weltkrieg hatten Fundamentalisten an der Schaffung einer hysterischen Wehrfreudigkeit unter den Amerikanern einen wesentlichen Anteil.

 

Im notorischen „Affenprozeß“ von Dayton/Tennessee (1925), welcher modernistische gegen fundamentalistische Kräfte stellte, bewirkten die Orthodoxen ein Lehrverbot der Darwinschen Evolutionstheorie in jenem Bundesstaat. Für die Fundamentalisten bedeutete der Prozeß dennoch eine Niederlage, denn ihr Anti-Intellektualismus, schlechte Manieren und Kleinkariertheit wurden öffentlich und weltweit zur Schau gestellt. Aufgrund ihrer Rechthaberei „waren Konservative zu keinem. kooperativen Handeln fähig. Diese Schwäche war eine Hauptursache fundamentalistischer Niederlage in allen kirchlichen Schlachten, an denen sie jemals beteiligt waren.“(11)

 

Im Jahre 1936 erlebte die presbyterianische Kirche eine aufsehenerregende Spaltung, in der J. Gresham Machen (1881-1937) und Carl McIntire (geb. 1906) sich absonderten und neue Denominationen gründeten. McIntires “American Council of Christian Churches“ (1941) und

„International Council of Christian Churches“ (1948) sind als Konkurrenten des National­ und Weltkirchenrates (NCC und WCC) entstanden und versuchen bis heute mit zunehmend weniger Erfolg, den fundamentalistischen Kampf gegen den Liberalismus aufrechtzuerhalten.

 

Unzufriedenheit mit der Enge und Verschlossenheit der Fundamentalisten führte 1942 zur Gründung der schon erwähnten „National Association of Evangelicals“. Sie sah es als ihre Aufgabe an, „historische liberale Denominationen (mit evangelikalem Gedankengut) zu unterwandern“. Der Beginn der Evangelisationskampagnen Billy Grahams (1949) und die Gründung der Zeitschrift „Christianity Today“' (1956) trugen entschieden zur Stärkung der zentrumsevangelikalen Bewegung bei.

 

Die konservativere „neuorthodoxe“ Theologie Barths, Bonhoeffers und der Gebrüder Niebuhr trug in den vierziger Jahren beachtlich zur Stärkung liberaler Denominationen bei. Aufgrund einer bedingten Anerkennung der biblischen Unfehlbarkeit und einer Umgehung der Bekehrungsfrage u.a. kam es dennoch zu keiner Einigung mit zentrumsevangelikalen Kreisen.

 

Gegen Ende der sechziger Jahre und im Kontext der amerikanischen Studentenrevolte entstand eine linksevangelikale Gruppierung. Obwohl die evangelikale Mitte schon 1942 von der Notwendigkeit eines sozialen Engagements sprach, ist es der evangelikalen Linken überlassen worden, das Anliegen in die Tat umzusetzen. Sie hat sich als das moralische Gewissen der evangelikalen Bewegung herausgebildet.

 

Der Soziologe David Moberg behauptet, vor Ausbruch der Kontroverse zwischen Fundamentalisten und Modemisten sei soziales Engagement keineswegs vom evangelistischen Anliegen getrennt gewesen. Erst in der Distanzierung der Fundamentalisten vom „Sozialen Evangelium" kam es zu einer Polarisierung, wobei das soziale Moment zurücktreten mußte. Dies nennt Moberg „die große Umkehrung“. Nun solle man alle Hebel in Bewegung setzen, um „die große Umkehrung wieder umzukehren“.

 

Eine weitere Gruppierung, die vorwiegend aus Rechts- und Zentrumsevangelikalen besteht, ist die charismatische Bewegung (auch „Erneuerung“ genannt). Ich werde sie im folgenden Abschnitt als eine vierte Gruppierung behandeln.

 

4. Wie evangelikale Gruppierungen sich unterscheiden

4.1. Rechtsevangelikale oder Fundamentalisten

Quebedeaux unterscheidet zwischen „offenen“. und „geschlossenen“ Fundamentalisten. Geschlossene Fundamentalisten leben noch heute im Schatten des bekehrten Sportlers und Evangelisten Billy Sunday (1862-1935), der „auf einer Reaktionswelle gegen das ‚Soziale Evangelium’ zu seinem Ruhm kam“. Sunday stellte sein „männliches Christsein“ einem 100-prozentigen Amerikanismus“ gleich und führte deutsche Kriegsausschreitungen im ersten Weltkrieg auf die Einflüsse der Bibelkritik zurück. Sunday, ein begabter Phrasendrescher, formulierte 1917 den Satz: „Wer die Hölle auf den Kopf stellte, fände den Aufdruck ,Made in Germany' darunter.“ Eigentlich sind Sunday und Dwight L. Moody (1837-1899) die Väter evangelistischer Großversammlungen heutiger Ausführung.

 

Geschlossene Fundamentalisten wie Sunday, Mclntire und Billy James Hargis u.a. haben schon seit Ausbruch der Oktoberrevolution einen erbitterten Kampf gegen den Kommunismus geführt. Aus leicht ersichtlichen Gründen sind die Vertreter des „christlichen Antikommunismus“ für ihre Sympathien gegenüber den rechtsradikalen Kräften Nordirlands und des südlichen Afrika bekannt. Dieser Gruppierung wird eine Mitwirkung bei der rassistischen Geheimorganisation „Ku Klux Klan“ nachgesagt. Die Präsidentschaftskandidatur Barry Goldwaters (1964) hielten viele Fundamentalisten für eine letzte Chance, Amerika vor einer „kommunistischen Machtübernahme“ zu retten.

 

Die bekannteste Ausbildungsstätte des rechten Flügels ist die „Bob Jones University“ in Greenville/Südkarolina. Diese finanziell reich versorgte und rege besuchte Hochschule widerspricht keineswegs ihrer Selbstbezeichnung als „die ungewöhnlichste Universität der Welt". Seit Anfang der siebziger Jahre werden schwarze Studenten immatrikuliert; dennoch nur verheiratete Schwarze, um der Eventualität gemischtrassiger Eheschließungen vorzubeugen. In den sechziger Jahren verbot diese Universität ihren Studenten den Besuch einer örtlichen Evangelisation Billy Grahams, da Graham in seinen ökumenischen Bestrebungen „mit Modernisten kooperiere".

 

Geschlossene Fundamentalisten, die sich von der 1942 entstandenen evangelikalen Bewegung distanzieren, nehmen von dem Etikett, „evangelikal“ als Selbstbezeichnung Abstand. Sie rechnen damit, daß nur ihresgleichen in den Himmel gelangen werden.

 

Offene Fundamentalisten sind weniger anti­intellektuell eingestellt und unterstützen die evangelistischen Bemühungen Grahams. Sie sind vorwiegend in selbständigen „Bibelgemeinden“, in Pfingstgemeinden und in Gemeinden der „Jesus-People“-Bewegung zu finden. Die semitische „Jews for Jesus“ Organisation sowie zahlreiche Missionsgesellschaften gehören dieser Strömung an.

 

Im letzten Jahrzehnt brachte Hai Lindsey mit seinem Bestseller „Alter Planet Erde wohin?" den darbyschen Dispensationalismus neu ins Gespräch. Gemäß dieser Lehre untermauerte Lindsey die zunehmende Bosheit der Welt, das Herannahen einer „siebenjährigen Trübsal“ und die eschatologische Wichtigkeit des gegenwärtigen israelischen Staates. Trotz des sozialen Fatalismus der Fundamentalisten sind sie der Auffassung, der Staat Israel müsse politisch unterstützt werden, da „Gott jene segnet, die Israel segnen“ (1. Mose 12,3).

 

Lindsey ist Absolvent des „Dallas Theological Seminary“, das zusammen mit dem „Moody Bible Institute“/Chicago und „Talbot Theological Seminary“/Kalifornien zu den wichtigsten Hochschulen der offenen Fundamentalisten zählt.

 

4.2. Zentrumsevangelikale oder das „Evangelikale Establishment“(12)

Wohl alle unter Abschnitt 2 aufgeführten Beispiele entspringen dieser gemäßigten Strömung. Die (zentrums)evangelikale Bewegung, die mit der Gründung der „National Association of Evangelicals“ (NAE) erkennbar wurde, ist für den Durchschnittsamerikaner weitaus ansprechender als die Radikalität anderer Gruppierungen, die rechts oder links von ihr stehen. Als größte evangelikale Strömung ist das „Evangelikale Establishment“, das ebenfalls manche offenen fundamentalistischen Kreise (z.B. die Zeitschrift „Moody Monthly“) umfaßt, Hauptnutznießer der gegenwärtigen evangelikalen Popularität.

 

Zentrumsevangelikale machen sich noch seltener eines Antiintellektualismus schuldig. Sie unterstreichen nachdrücklich die Notwendigkeit der Theologie, da die Schrift der Interpretation bedarf; die Schrift könne nicht immer buchstäblich übernommen werden. Eine Abwendung vom Dispensationalismus scheint sich hier anzubahnen; Zentrumsevangelikale sind für den Dialog mit manchen andersgesinnten Christen offen. Angesichts der nicht genau definierbaren allesverzeihenden Liebesethik des traditionellen Liberalismus betonen Zentrumsevangelikale die apologetische und mündliche Verkündigung biblischer Wahrheiten. (Es wird dem relativistischen Liberalismus nachgesagt, er kenne nur eine einzige Häresie: die Orthodoxie.). Wichtige Mitgliedskirchen der NAE, eine Sammelstelle für Zentrumsevangelikale, sind u a. die „Baptist General Conference“, „Christian and Missionary Alliance“, „Evangelical Free Church of Amerika „, „Christian Reformed Church“ und „Church of the Nazarene“. Zwei Großdenominationen, die „Southem Baptist Convention“ und die „Lutheran Church-Missouri Synod“, bestehen fast ausschließlich aus Rechts- und Zentrumsevangelikalen. Die schnellwachsende südbaptistische Kirche, die gegenwärtig 12,5 Millionen Mitglieder zählt, ist die größte protestantische Kirche Nordamerikas. Südbaptisten sind u. a. Jimmy Carter, Billy Graham und der Theologe Harold Lindsell.

 

Einige Zahlen: Im Jahre 1971 bestand die amerikanische Baptistenkirche aus 7,5 Millionen Mitgliedern in 27 getrennten Denominationen. Die 14 Millionen Methodisten teilen sich in 23 Denominationen auf. Die Missouri-Synode der lutherischen Kirche, die zweitgrößte lutherische Kirche, hat 2,75 Millionen Mitglieder. In den USA leben 48,3 Millionen Katholiken.

 

Weitverzweigte, überkonfessionelle Missionsgesellschaften wie die „Billy Graham Evangelistic Association“ (BGEA) und das „Campus Crusade for Christ“ sind gleichfalls Träger der evangelikalen Mitte, wobei „Campus Crusade“ rechts von der BGEA steht. Der Nichttheologe Graham und seine mehrköpfige Mannschaft haben seit 1950 in unzähligen Städten und Ländern, zum Beispiel Ungarn (1977) und Polen (1978), evangelistische Großversammlungen durchgeführt. Ihre Zeitschrift „Entscheidung“ erscheint in zahlreichen Sprachen und in Millionenauflage.

 

Das 1951 von Bill Bright ins Leben gerufene „Campus Crusade“ hatte 1977 mehr als 5.300 Mitarbeiter, die in 84 verschiedenen Ländern tätig waren. Hauptzentren dieser Mission befinden sich in Manila, London und in der Schweiz. „Campus Crusade“, sowie die eher linksevangelikale „InterVarsity Christian Fellowship“ (in der BRD,,Studentenmission Deutschlands“ genannt), ist eine von Laien geführte Studentenmission. Diese finanziell unaufwendige und straff durchorganisierte Mission propagiert ein sehr einfaches, nach Schritten geordnetes Evangeliumsverständnis (siehe „Die vier geistlichen Gesetze“) und war bisher bemüht, sozialen Fragen zugunsten des aggressiven Evangelisierens fernzubleiben. Die linksevangelikale Presse hat 1976 dem zunehmend umstritteneren Bill Bright ein „Komplott mit rechtsreaktionären Politikern" vorgeworfen.(13) Im Dezember 1977 sprach Bright mehrmals in der Sowjetunion, wonach er interessanterweise für seine positiven Bemerkungen hinsichtlich des Gastgeberlandes getadelt wurde. (Nach dem Polenbesuch Grahams kam dieser aus ähnlichen Gründen unter Beschuß.)

 

Das „Campus Crusade“, welches eine vorbildliche Buchführung betreibt, hatte 1972 ein Jahresbudget von zwei Millionen Dollar und wollte es bis 1980 auf 200 Millionen Dollar bringen. Hingegen war jedenfalls bis 1979 die Scheu der BGEA vor öffentlicher Bekanntgabe eigener Finanzen nicht unbedenklich.

 

Das völlig anders geprägte in der Schweiz entstandene Bildungsinstitut „L'Abri“ hat sich mit beachtlichem Erfolg an nordamerikanische Studenten gewandt. Dieses Werk ist 1955 vom amerikanischen Presbyterianer Francis Schaeffer gegründet worden. Schaeffer (sowie Clark Pinnock) betreibt eine auf Vernunft und Logik beruhende Glaubensapologetik, die subjektive emotionelle Glaubensbeweise verwirft. (Subjektive Glaubensbeweise sind unter Liberalen, Charismatikern und Fundamentalisten üblich.) Schaeffer befaßte sich als erster unter den Evangelikalen mit dem für sie untypischen Thema des Kunstverständnisses.

 

Die bekanntesten Bildungsstätten der evangelikalen Mitte sind „Wheaton College“, „Westmont College“ und die Seminare „Trinity“, „Gordon-Conwell“ und „Asbury“. Alle besitzen hohes akademisches Niveau. Das in der Nähe von Chicago liegende „Wheaton College“ (die Stadt Wheaton wird „das evangelikale Mekka“genannt) ist u.a. von Graham, Carl Henry und dem Evangelisten Leighton Ford absolviert worden.

 

Führende Zeitschriften des „Evangelikalen Establishments sind die von Henry gegründete „Christianity Today“, „Eternity“ und „Christian Herald“. „Christianity Today“ ist 1956 als evangelikales Gegenstück zu den ökumenisch-liberalen Zeitschriften „The Christian Century“ und „Christianity and Crises“ geschaffen worden. Nach evangelikaler Meinung befasse sich „Christianity Today“ immer noch mit der Theologie, während die beiden liberalen Zeitschriften „die Theologie zugunsten der Politik verlassen haben“. „Christianity Today“ bejaht zwar die Notwendigkeit sozialer Aktion, Vorsicht.bleibe dennoch geboten.

 

„Die NAE, die offiziell Millionen Evangelikale repräsentiert, bleibt eine Bastion des sozialen, ökonomischen und politischen Konservativismus.“ Künftige Verschiebungen sind jedoch nicht auszuschließen.(14)

 

4.3. Die charismatische Bewegung

Während Fundamentalisten den Glauben gegen Katholiken, Kommunisten und Modemisten verteidigen und Zentrumsevangelikale evangelisieren, stößt man bei der charismatischen Bewegung auf eine evangelikale Bewegung völlig anders gearteter Prägung.  Da ein subjektives geistliches Erlebnis (die Glaubenstaufe, siehe Apg. 2) statt gemeinsam vertretener Dogmen das verbindende Element sei, werden sogar vereinzelte Nichtevangelikale in diese Bewegung aufgenommen. Trotz dieses ungewöhnlichen Ansatzpunktes wäre die Vermutung dennoch falsch, es handele sich dabei um einen nichtevangelikalen Glauben.

 

Diese Bewegung (oder Erneuerung) wird als „eine bürgerliche Form des älteren (proletarischen) Pfingstlertums" bezeichnet:. Wohl die erste geschlossen fundamentalistische Pfingstkirche ist 1898 in Anderson/Südkarolioa gegründet worden. Erst ab 1960 brach die charismatische Bewegung in die Reihen der etablierten Konfessionen ein. Die Betonung der. Geistestaufe und -gaben (Zungenreden, Heilung, Prophezeiung; siehe Römer 12 und 14) hat die charismatische Erneuerung mit dem klassischen Pfingstlertum gemein. Im Gegensatz zum sektiererischen abgrenzenden Pfingstlertum ist sein ökumenischer Sproß nach Meinung Michael Harpers der stärkste verbindende Faktor der heutigen Christenheit. „Nur innerhalb dieser Bewegung werden alle Strömungen und Praktiken akzeptiert und praktiziert.“ Die Intensität und Wärme der Begegnung von Protestanten und Katholiken im Rahmen dieser Bewegung ist ohnegleichen im heutigen Christentum. Diese erlebte „Basisgemeinde“ beginnt mit einem gemeinsamen Erlebnis und Glauben an den Heiligen Geist, nicht etwa am grünen Tisch der Theologen.

 

Der Charismatiker Harper nennt selber die Hauptgefahren dieser Bewegung:

 

1. Antiintellektualismus und Fundamentalismus. „Die charismatische Erneuerung besteht nicht aus nichtdenkenden, auf einer Welle emotioneller Euphorie reitenden Narren, aber diese Gefahr ist dennoch vorhanden."

2. Pietismus: „Ein Rückzug aus der Gesellschaft, um ,geistlicheren' Anliegen nachgehen zu können."

3. Elitarismus gefährdet Charismatiker dann, wenn sie sich über andere Christen erheben möchten.

 

In den USA zählt die charismatische Erneuerung, eine wahrliche Weltbewegung, drei Millionen Anhänger. Führende amerikanische Charismatiker sind Oral Roberts, David Wilkerson, Pat Robertson, Larry Christenson und die Schwester Jimmy Carters, Ruth Carter Stapleton. Die „Oral Roberts University“/Oklahoma und „Melodyland School of Theology,“/Kalifornien sind ihre führenden Ausbildungsstätten. „Logos Journal“ und „Christian Life“ zählen zu ihren meistgelesenen Publikationen.

 

Die schon erwähnte „Full Gospel Business Men's Fellowship International“, die 1951 vom Milchwirtschaftsbesitzer Demos Shakarian gegründet wurde, hat in den USA 700 Filialen und veranstaltet eine Jahreskonferenz in einem exklusiven Hotel, wo u.a. prominente charismatische Geschäftsleute und Militärs auftreten. Amerikanische Charismatiker bekommen über stattliche Geldausgaben wenig Gewissensbisse und betrachten Wohlstand meistens als Beweis göttlichen Gefallens.

 

„Relational Theology“ (etwa „verhältnisbezogene Theologie“) betont charismatische Begabungen nicht, ist gleichwohl durch ihre Hervorhebung eines menschen- statt dogmenbezogenen Evangeliums mit der charismatischen Erneuerung wesensartig verwandt. Bruce Larson schreibt: „Statt der Bejahung von Dogmen entscheiden die Qualität und Breite unserer mitmenschlichen Beziehungen über die Echtheit unserer Orthodoxie.“ Die Theologie soll menschen- statt begriffsbezogen sein.

 

Nach Larson lauten die Hauptthesen der „Relational Theology“ u.a.: „1) Sei echt. Du brauchst Dich nicht fromm zu benehmen; 2) Höre Menschen wirklich zu; 3) Fälle keine Entscheidungen alleine; 4) Versuche niemanden zu verändern; 5) Liebe bestimmte Menschen zu bestimmten Zeiten; 6) Es ist riskant, Menschen zu lieben."

 

Dies sind harte Worte für Rechts- und Zentrumsevangelikale, die meinen, alle lieben zu müssen (obwohl sie in Wirklichkeit niemanden lieben); mit kirchlichen Aufgaben zu beschäftigt sind, um sich mit dem Ehepartner anzufreunden; und in ihrem missionarischen Eifer jeden von den eigenen Glaubensansichten zu überzeugen versuchen.(15)

 

4.4. Die evangelikale Linke

Eine Meinungsumfrage ist 1972 in der sich im Getto von Chicago befindlichen „LaSalle Street Church“ durchgeführt worden. Dabei wurde herausgestellt, es handle sich hier um das einmalige Phänomen einer theologisch konservativen, aber politisch liberalen Gemeinde. Dieser Tatbestand ist wohl darauf zurückzuführen, daß sich diese Gemeinde schon in den sechziger Jahren auf die schwarzen Einwohner ihrer Umgebung einließ und an den sozialen Kämpfen der damaligen Zeit teilnahm.

 

Die bis zu jenem Zeitpunkt zentrumsevangelikale Studentenmission „InterVarsity Christian Fellowship“ sorgte 1970 auf ihrem Kongreß in Urbana/Illinois für einiges Aufsehen. Erstmals blieb die zuständige Kommission Billy Graham „aufgrund seiner Behandlung Nixons“ eine Einladung schuldig. Unerwartete Redner wie der Vietnamkriegsgegner und mennonitische Pazifist Myron Augsburger, der schwarze Radikale und Evangelist Tom Skinner und der der Befreiungstheologie nahestehende Gesellschaftskritiker Samuel Escobar, traten auf. Unter begeistertem Beifall lieferte Skinner eine zerschmetternde Attacke gegen den Rassismus und die Heuchelei weißer bürgerlicher Christen. Escobar, ein Argentinier, beschrieb die anhaltende Krise der evangelikalen Kirche auf treffende Weise:

 

„In der Vergangenheit sagten sie uns, wir brauchten uns nicht um die Besserung der Gesellschaft zu kümmern, denn das, was gefragt ist, sind veränderte Menschen. Neue Menschen werden die Gesellschaft verändern. Aber als die ‚neuen Menschen’ begannen, sich mit der Besserung der Gesellschaft zu beschäftigen, wurde ihnen nochmals gesagt, daß sie sich keine Sorgen zu machen brauchten: Die Welt sei schon immer schlecht gewesen, wir erwarten einen neuen Himmel und eine neue Erde, und diese Welt sei ohnehin zur Vernichtung verdammt. Warum sollte man also versuchen, die Lage des Menschen zu verbessern? Noch schlimmer ist aber, daß diejenigen, die dies behaupten, alle Vorteile dieser verurteilten Welt genießen und diese Privilegien auch leidenschaftlich verteidigen, wenn sie gefährdet werden.“

 

Der republikanische Abgeordnete Mark Hatfield schreibt: ,,Da wir (Evangelikale) nur ein halbes Evangelium verkündigen, sind wir nicht weniger ketzerisch als jene (Liberalen), die die andere Hälfte verkündigen. Ich hege die Hoffnung, die evangelikale Christenheit werde zum Evangelium in seiner Gesamtheit zurückkehren."

 

„Die Christenheit kann es sich nicht leisten, noch länger gespalten zu bleiben in Aktivisten, die ihren Feldzug gegen tief verwurzelte gesellschaftliche Mißstände führen, und Quietisten, die nur auf das Bibellesen, den Gottesdienst, die Andacht und die persönliche Evangelisation Wert legen.(16)

 

David Moberg schreibt: „Wir müssen das polarisierte Denken überwinden, das besagt, der Christ könne nur entweder (sozialer) Aktivist oder Pietist sein. Beide Momente sind wichtig. . . . Der Ritus ist Wurzel des christlichen Lebens, der Aktivismus seine Frucht.“

 

Die evangelikale Linke stellt sich unter einem ganzheitlicheren Evangelium folgende Momente vor:

 

1. Die Beschäftigung mit dem ganzen Menschen und mit allem, das den Menschen betrifft. Wie Bonhoeffer, Harvey Cox und andere Vertreter des „säkularen Christentums“ verneinen Linksevangelikale die traditionelle Unterteilung in säkulare und sakrale Sphären. Nachfolge Christi schließt ein politisches Engagement mit ein.

 

2. Eine Zurückweisung des „nationalen Messianismus“ amerikanischer Evangelikaler und der künstlichen Verschmelzung von Staat und Kirche („civil religion „ genannt). Prophetische Handlungen hinsichtlich Nuklear- und Kriegsgefahren sind ein Gebot der Stunde.

 

3. Eine Distanzierung von der herkömmlichen kulturellen Enge und Gesetzlichkeit der Evangelikalen. „Der Moralkodex des Evangelikalen war so konstruiert, daß er ihn selbst unter den angesehensten Personen seiner Umgebung platzierte. Seine Moral entfernte ihn von den Sündigem (und Niedrigen), machte ihn aber zum Pharisäer.“

 

4. Eine neue Offenheit für den ökumenischen Dialog.

 

5. Parteinahme für revolutionäre (oder progressive) Veränderung.(17) Auf der V. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen 1975 in Nairobi fühlten sich die Linksevangelikalen Jim Wallis und Ron Sider den radikalen Delegierten aus den Entwicklungsländern näher als den meist bürgerlich-liberalen Vertretern des Ökumenischen Rates. Lateinamerikanische Evangelikale wie Escobar, Miguez Bonino, Orlando Costas und René Padilla begrüßen die Befreiungstheologie und die Möglichkeit marxistisch-christlicher Kooperation.

 

In der „La Grange Declaration“ von Mai 1979 sprachen sich Linksevangelikale gegen eine einseitige Loyalität dem israelischen Staat gegenüber aus. Linksevangelikale distanzieren sich vom Dispensationalismus, u.a. weil seine Befürworter die Tendenz zeigen, nationale und internationale Politiker, die für Unterdrückte und den Frieden Partei ergreifen, als den vorausgesagten Antichrist (siehe Offenb. 13,17) zu brandmarken.

 

Der Zentrumsevangelikale Harold Lindsell warf 1976 in seinem Buch „The Battle for the Bible“ dem linksevangelikalen Fuller Seminar vor, es vertrete nicht weiterhin den Standpunkt biblischer Unfehlbarkeit. Lindsell, Carl Henry und Francis Schaeffer sind emphatische Gegner der Iinksevangelikalen These einer „begrenzten Unfehlbarkeit“. George Eldon Ladd, Professor am Fuller Seminar, ersetzt das Adjektiv „unfehlbar“ durch „zuverlässig“ und spricht von der Unentbehrlichkeit einer „positiven Bibelkritik“.

 

Linksevangelikale sind die einzigen Evangelikalen, die der säkularen Frauenbewegung wohlwollend gegenüberstehen. Zum Beispiel sind im August 1979 die Lehrkräfte Patricia und Stanley Gundry vom weltbekannten „Moody Bible Institute“ gekündigt worden, da sie sich für eine gemäßigte Frauenlegislation, das „Equal Rights Amendment“, aussprachen. Es besteht eine linksevangelikale Frauenbewegung unter Leitung u.a. von Letha Scanzoni und Virginia Mollonkott. Ihre Zeitschrift „Daughters of Sarah“ wird in Chicago herausgebracht.

 

Die Frage nach der Gleichberechtigung der Frau ist mit der Kontroverse um das Schriftverständnis verbunden. Die militantesten Feministen, zum Beispiel Mollonkott und der Fuller-Dozent Paul Jewett, behaupten, Paulus habe sich in seinem Frauenverständnis geirrt, während eine konservativere Gruppierung ihn als „einen getarnten Feministen“ versteht. Evangelikale Feministen sprechen von einer „gegenseitigen Unterordnung“ (siehe 1. Kor. 11)

im Eheverhältnis.

 

„Kirchen sind eine der wenigen Institutionen, die die Frauendiskriminierung immer noch zum Prinzip erheben.“(18) „Die Frauenbewegung ist eine beständige Realität geworden; abermals ziehen die Orthodoxen nur widerwillig nach.“(19)

 

Im Jahre 1968 gründete Troy Perry, ein Absolvent vom Moody-lnstitut, die erste evangelikale Denomination, „Metropolitan Community Churches", die vorwiegend aus Homosexuellen besteht. Mangels Überzeugungskraft an der Biblizität ihrer Position hat diese Kirche keine spürbare Anerkennung in evangelikalen Kreisen gefunden.

 

Die Südbaptistin und ehemalige Schlagersängerin Anita Bryant ist in den letzten Jahren für ihren Feldzug im Namen des Familienschutzes gegen die gesetzliche Gleichberechtigung von Homosexuellen bekanntgeworden. Linksevangelikale halten anderen Evangelikalen vor, sie erweisen in ihrem Kampf gegen die Homosexualität ein fehlendes Verständnisvermögen und seien gnadenlos gegenüber denen, die in der Homosexualitätsmatrix gefangen sind. Unter Linksevangelikalen ist eine eindeutige Stellungnahme zur Frage, ob zwei sich in einer homosexuellen Ehe befindende Christen eine Sünde begehen, bisher noch ausgeblieben.

 

Konservativere unterscheiden sich von liberaleren Linksevangelikalen in der Radikalität ihrer progressivistischen Thesen. Gemäßigte Republikaner bis hin zu Sozialdemokraten und Sozialisten zählen sich zur evangelikalen Linken. Die Gemäßigten haben meistens ein recht bürgerliches Dasein und setzen sich für eine liberale Politik innerhalb des bestehenden Systems ein. Quebedeaux stellte die bestreitbare These dar, Jimmy Carter zähle aufgrund seiner Politik und Vorliebe für Reinhold Niebuhr zu den Linksevangelikalen. Hingegen betreibt der neubekehrte Charles Colson, der als Mitschuldiger am Watergate-Skandal inhaftiert war, eine durchaus mutige und progressive Rehabilitationsarbeit unter Haftentlassenen.

 

Der radikale Flügel, der viele seiner Wurzeln im mennonitischen Täufertum findet, sucht nach altemativen politischen Strategien. Gemeinsam mit dem katholischen Aktivisten Daniel Berrigan lehnen radikale Evangelikale oftmals eine Mitwirkung im existierenden System ab, da sanktionerte bestehende Parteien keine realen Alternativen böten. Der mennonitische Theologe John Howard Yoder erklärte in seinem bekannten Werk, „The Politics of Jesus“, Jesus habe nicht versucht, das bestehende System zu unterwandern noch es mit revolutionärer Gewalt zu stürzen; stattdessen stellte er eine neue Alternative, seine Kirche, daneben. Viele Radikale sind Pazifisten. Dale Brown und Art Gish u.a. fordern einen einfachen, den Bedürfnissen der „Dritten Welt“ gemäßen Lebensstil und die Bildung von Wohngemeinschaften.

 

Radikal-evangelikale Zeitschriften spielen in der gesamtevangelikalen Bewegung eine bedeutende Rolle. Die prominenteste Zeitschrift ist die 1971 gegründete „Sojourners“, die in der Landeshauptstadt als Produkt einer sozial­engagierten Wohngemeinschaft herausgegeben wird. Diese in mehreren Häusern aufgeteilte Wohngemeinschaft, die vom Chefredakteur Jim Wallis (geb. 1948) geleitet wird, besitzt eine gemeinsame Kasse. Jedes Mitglied, einschließlich Wallis, erhält nur ein monatliches Taschengeld von 15 Dollar. „Sojourners“ hat die liberale „Christianity and Crises“ als die „modischste“ Zeitschrift progressiver Christen ersetzt. „Sojourners“ wendet sich vehement gegen die Profilierung der Kernenergie, die militärische Aufrüstung und Ausbeutung der Entwicklungsländer.

 

Eine kleinere, eher familienorientierte Zeitschrift, die sich an die „Massen“ der Zentrums­ und Rechtsevangelikalen wendet, ist die in Philadelphia erscheinende „The Other Side“. Die „Berkeley Christian Coalition“ veröffentlicht „Radix“, eine Zeitschrift für,,subkulturelle Studenten und Straßenleute“. Diese Organisation ist 1969 als eine Deckorganisation des „Campus Crusade“ entstanden, hat sich jedoch 1975 aufgrund politischer und theologischer Differenzen von ihrem Paten getrennt. Die in San Diego erscheinende Satirezeitschrift „The Wittenburg Door“ verschafft Evangelikalen die unabdingbare Chance, sich selbst aufs Korn zu nehmen.

 

Das 1947 als Organ der evangelikalen Mitte gegründete „Fuller Theological Seminary“ ist heute ein führender Apologet linksevangelikalen Gedankenguts. Dieses überkonfessionelle Seminar hatte 1976 1.553 Studenten aus 80 Denominationen und 30 Ländern. Fuller macht sich durch seine in bescheidenem Maße praktizierte Bibelkritik und nichtkonventionelle Missiologie unbeliebt. Zum Beispiel wandte sich der Rektor Fullers, David Hubbard, gegen den Antrag von Evangelikalen, die öffentlichen Schulen Kaliforniens zum Unterrichten der Schöpfungstheorie zu verpflichten. Die Evolutionstheorie und „Relational Theology" werden von Fuller durchaus akzeptiert. Aufgrund seines akademischen Niveaus und seiner theologischen Kreativität ist Fuller heute das exponierteste Seminar der evangelikalen Welt.

 

5. Die Zukunft

Gerade im Augenblick ihres Sieges wird von einem Zusammenbruch der Hauptorgane des

"Evangelikalen Establishments“ (z.B. der NAE und BGEA) gesprochen. Damit ist „ein Zusammenbruch der Subkulturen, die diese Vereine bisher getragen haben“, gemeint. Diese Subkultur war „weiß, bürgerlich, männlich, kalvinistisch, pietistisch und politisch konservativ“. Heute siedeln sich „Schwarze, Arme, Feministinnen, Armenier, Charismatiker“, Pazifisten, politische Radikale und Homosexuelle im evangelikalen Lager an und fordern ihr Recht, gehört zu werden. Die neue Inklusivheit des „Evangelikalen Establishments“ hat es in eine Identitätskrise geführt. Neue Machtfaktoren und -zentren bilden sich heraus; es bleibt noch abzuwarten, welche Interessenparteien den künftigen Weg der Evangelikalen bestimmen wenden.

 

5.1. Die Ökumene

Linksevangelikale haben den „einseitigen Ökumenismus“ anderer Evangelikaler überwunden (d.h. sie hatten nur daran gedacht, die Modernisten zu bekehren) und sind zum Dialog und zu gemeinsamen Aktionen übergegangen. Das nicht immer berechtigte Vorurteil gegenüber den Evangelikalen als geistig anspruchslose militante Eiferer und Provinzler (es besteht ein linksliberaler sowohl wie konservativer Fundamentalismus) kann nun von Linksevangelikalen abgebaut werden. Für Linksevangelikale zeigen sich Liberale besonders offen. Eine Aussöhnung zwischen Linksevangelikalen und neu orthodoxen Liberalen gilt als wahrscheinlich, da Linksevangelikale zum Beispiel in ihrem Schriftverständnis Brenner und Barth wesentlich näher stehen als den Vertretern wortwörtlicher biblischer Inflexibilität. Da Evangelikale erstmals von einer Position der Stärke gegenüber Liberalen ausgehen können, werden Liberale zunehmend zur Aussöhnung mit ihnen ermuntert.

 

Die von 50 Linksevangelikalen unterschriebene „Chicago Dedaration" (1973), welche Gerechtigkeit, Einsatz für die Besitzlosen, Verwerfung des Konsumdenkens und eine Verurteilung des Wettrüstens forderte, ist vom ökumenischen Nationalrat (NCC) und Ökumenischem Rat der Kirchen begrüßt worden. Im Oktober 1974 brachte der NCC in seiner Erklärung „Moved by the Holy Spirit“ seine tiefe Verbundenheit mit den Verfassern der „Chicago Declaration“ zum Ausdruck. Der im Schwinden begriffene NCC übernahm 1976 eine Erklärung über die Bedeutsamkeit der Evangelisation, die vom Linksevangelikalen Al Krass verfaßt worden ist.

 

Das ökumenische Aufleben bleibt jedoch nicht nur auf Liberale und linksevangelikale Gruppierungen beschränkt. Die vorwiegend rechts­ und zentrumsevangelikale Evangelisationskonferenz von Lausanne (1974) machte auf die Vollversammung des Ökumenischen Rates in Nairobi ihren Eindruck. Die Erklärung „Confessing Christ Today" untermauerte die Verpflichtung des Weltkirchenrats zur Evangelisation. Einzelne liberale amerikanische Gemeinden scheinen das Evangelisieren neu entdeckt zu haben. Bestimmte liberale Pfarrer zeigen eine Aufgeschlossenheit gegenüber den vielleicht simplifizierenden „Vier geistlichen Gesetzen" des. „Campus Crusade", die Linksevangelikale nicht besitzen.

 

In entgegengesetzter Richtung werden gleichfalls liberale Einflüsse spürbar. Lindell behauptete, die Verwerfung der biblischen Unfehlbarkeit sei bis zur „Southern Baptist Convention“ und ,,Lutheran Church-Missouri Synod“, das heißt bis zum Kern des „Evangelikalen Establishments", vorgedrungen. Quebedeaux vermutet, das Fuller Seminar könnte ein führender Exponent der zunehmend von Liberalen verstoßenen neuorthodoxen Theologie werden. „Vielleicht wird die von einer evangelikalen Strömung getragene Neuorthodoxie potenter und beharrlicher sein, als sie im Zusammenhang mit liberalen Kreisen jemals wurde.“(20)

 

Der britische Anglikaner C. S. Lewis (1898-1963) war stets bemüht, den evangelikal geprägten Glauben in die gesamtkirchliche Tradition und Geschichte einzubinden. Robert Webber, Dozent am „Wheaton College“, hält theologische Evangelikale für eine neue Gruppierung innerhalb der linksevangelikalen Bewegung. Eine von Webber einberufene Konferenz gab im Mai 1977 eine Erklärung, „The Chicago Call; An Appeal to Evangelicals“, heraus. Sie besagt, daß „Evangelikale zu häufig von einer ahistorischen sektiererischen Mentalität gekennzeichnet waren. Wir haben die Katholizität der historischen Kirche und den Umfang der biblischen Offenbarung übersehen." „Sakramentale Integrität“ (unter Evangelikalen kaum existent) und die Wichtigkeit kirchlicher Autorität werden unterstrichen. Dieses recht untypische evangelikale Dokument hätte seinem lnhalt nach durchaus vom Ökumenischen Rat der Kirchen stammen können.

 

Bis auf eher immobile Rechtsevangelikale und Fundamentalisten scheint es sich abzuzeichnen, daß Evangelikale linkswärts rücken, während sich Liberale in umgekehrter Richtung bewegen. An welcher Stelle auf der theologischen Skala sie sich begegnen werden, wird wesentlich von nicht voraussehbaren gesellschaftlichen Stimmungswandlungen abhängen, die sich unablässig auf das politische und theologische Klima der Kirchen auswirken.

 

(1) Richard Quebedeaux, in: The Wittenburg Door, San Diego, 5.7.78, S. 14.

(2) Quebedeaux, The Young Evangelicals, Harper and Row, New York 1974, S. 16.

(3) a. a. O„ S. 138.

(4) Gordon Weil, The Almighty and the Almighty Dollar, 1979; zitiert nach Sojourners, Washington/DC, 6.79, S. 13.

(5) Quebedeaux, The Wordly Evangelicals, Harper and Row, New York 1978, S. 13.

(6) Eternity, Baltimore, 10.79.

(7) Worldly Evangelicals, S. 44.

(8) James Metzler, in: Missionary Focus. Elkhart/Indiana, 11.77, S. 2.

(9) John Bennett, in: Christianity and Crises, 4.10.71, S. 195-197.

(10) Worldly Evangelicals, S. 79.

(11) Young Evangelicals, S. 9.

(12) Dieser Begriff stammt von Quebedeaux, The Young Evangelicals, S. 28.

(13) The Plan to Save America, in : Sojourners, 4.76.

(14) Worldly Evangelicals, S. 44.

(15) Worldly Evangelicals, S. 97.

(16) in: Die Gemeinde, Kassel, 7.5.78, S. 36.

(17) nach Carl Henry, in: Christianity Today, Washington/D.C.,5.6.70, S. 829-830. Ich habe fünf der acht Punkte erwähnt.

(18) Nancy Hardesty, The Cross and the Flag, Creation House, Carol Stream/Illinois 1972, S. 77.

(19) Young Evangelicals, S. 100.

(20) Worldly Evangelicals, S. 100.

 

W.E. Yoder.

Warschau, den 3. März 1980

 

Erschienen in „Zeichen der Zeit“, Berlin/DDR, Ausgabe 7/8 1981, 6.928 Wörter

 

Die Redaktion hat die 113 Fußnoten im Manuskript auf 20 zusammengestrichen. Ich habe mich an die Auswahl durch die Redaktion gehalten.