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Verheiratete Eheamateure

Die Wilden fromm machen – die Frommen wild

 

In neuer Umgebung mit ungewöhnlicher Besetzung fand am 24. Januar 2004 in der Schöneberger Gemeinde ein Frühstück für Frauen statt. Die mehr als 200 Teilnehmer machten die Nutzung der Mehrzweckhalle erforderlich. Die hohen Besucherzahlen waren u.a. darauf zurückzuführen, dass erstmals auch Mitglieder des männlichen Geschlechts eingeladen worden waren. „Da Männer uns öfters angesprochen hatten, warum sie immer außen vor bleiben sollten, wollten wir einen Versuch starten,“ erklärte Ilona Berton.

 

Mit zur Attraktivität des Tages trug das Referentenehepaar Hanna und Arno Backhaus (Calden bei Kassel) bei. An die Männer gerichtet meinte Schwester Backhaus: Obwohl sie sich im beruflichen Leben für unersetzlich hielten, treffe dies eigentlich nur für den familiären Bereich zu. „Wir haben die Prioritäten verwechselt,“ stellte sie fest. „Viele Menschen sind ungelernte Eheamateure.“

 

Arno Backhaus verglich die Eheschließung mit dem Aufeinandertreffen zweier Ruinen: „Jeder bringt eine Art Lebensruine mit in die Ehe – eben das, was die Eltern an mir verkorkst haben.“ Da auf einer alten Ruine kein stabiler Neubau aufgerichtet werden könne, stehe am Anfang jeder Ehe die Aufgabe, „die jeweilige Ruine abzutragen“. Ein „neues, gemeinsames Ehehaus“ könne nur auf einem neuen Fundament stehen. Bei diesem Projekt seien Spannungen und Konflikte unvermeidbar.

 

Bei den emotionalen Unterschieden zwischen Mann und Frau wies Bruder Backhaus darauf hin, dass beim Gelingen des intimen Gesprächs auch die Männer eines Vorspiels bedürften: „Männer müssen zum Reden aufgeschlossen werden.“ Kommunikation und Sexualität seien gleichermaßen Ausdruck des Wunsches nach Einssein und Verschmelzung. Eine ehrliche, vorwurfsfreie Kommunikation sowie Sexualität setzten großes Vertrauen voraus. „Ohne das eine, stirbt das andere.“

 

Zwischen den Schilderungen menschlicher Qual brachte Bruder Backhaus Witze am laufenden Band. Qual und Witz vereinigten sich in der Frage, weshalb Gerhard Schröder und Joschka Fischer niemals in demselben Flugzeug fliegen dürften. Weil dann der Staat auf einem Schlag gleich acht Witwen zu versorgen hätte, hieß es.

 

Bei einem Interview vor dem Vortrag erzählte Arno Backhaus von seinen Erfahrungen als ungelerntem „Evangelisten, Liedermacher und Aktionskünstler“. Bei Aktionen in Fußgängerzonen hat er gemeinsam mit Passanten bereits 15 Schrottautos auseinandermontiert gemäß der Devise „In der Gesellschaft werden wir auseinandergenommen. Nur Gott nimmt uns ernst.“ Beim Bush-Besuch in Berlin vor zwei Jahren berichtete die „Berliner Morgenpost“ davon, dass Arno gemeinsam mit Freunden 400 Rosen an die aufgestellten Ordnungshüter verteilt hatte. „Die Polizisten machen das, was Jesus gemacht hat,“ stellt er fest. „Sie halten ihren Rücken hin für eine Politik, die sie nicht zu vertreten haben. Eigentlich müsste sich Bush selbst mit den Demonstranten prügeln. Auch Jesus hält seinen Rücken hin für das, was wir an Müll produzieren.“ Es kommt auch vor, dass der Referent stundenlang bei Karstadt oder Hertie Fahrstuhl fährt. Dabei ist bei ihm etwa zu lesen: „Wie im richtigen Leben: Immer auf und ab, aber keiner fragt wohin.“

 

Dabei fügt Arno Backhaus hinzu: „Ich spreche keinen an und verteile keine Handzettel. Ich warte, bis einer etwas von mir will. Ich stehe nicht im Stress, jemanden ansprechen zu müssen - ich setze auf die Neugierde.“ Dabei kommt es dann auch vor, dass streckenweise keine Gespräche zustande kommen. Doch ergiebig sind die Gespräche allemal wenn er sich in einer Fußgängerzone auf eine Leiter stellt mit der Losung: „Ich bin ein höheres Wesen.“

 

Ich denke, das Gelingen solcher Aktionen hängt damit zusammen, dass Gott Arno Backhaus mit einem besonders flinken Mundwerk ausgestattet hat. „Die Wilden mache ich fromm, die Frommen wild,“ stellt er lapidar fest.

 

William Yoder

Berlin, den 25. Januar 2004

 

Erschienen im „Aufbruch“, dem Gemeindeblatt der Ev.-Freikirchlichen Gemeinde Berlin-Schöneberg, Hauptstr., 550 Wörter