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Gemeindepartnerschaft Krefeld - Uljanowsk

Ein Atemzug Gottes dauert 10 Jahre

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15 Jahre Partnerschaft Krefeld - Uljanowsk

 

M o s k a u -- „Der Handlungsspielraum wird kleiner.“ Das war ein Fazit des Baptisten und pensionierten Studiendirektors Klaus Schilbach (Krefeld) nach seinem 12. Besuch in der Partnergemeinde Uljanowsk/Wolga. Im Gespräch in Moskau am 11. Juli verdeutlichte er: Obwohl die Baptistengemeinde Uljanowsk eine höchst erfolgreiche Suchthilfenarbeit in einem Gefängnis mit 1.500 Insassen durchführe, wurde den Gästen in diesem Jahr erstmals der Zugang zum Gefängnis verwehrt. Noch vor einem Jahr seien die Deutschen höchst feierlich im Gefängnis empfangen worden; vor 10 Jahren tourte Schilbach gemeinsam mit dem Oberstaatsanwalt von Uljanowsk durch deutsche Modellgefäng­nisse am Niederrhein.

 

Dank der offiziellen Städtepartnerschaft zwischen Uljanowsk und Krefeld war die Partner­schaft zwischen Baptistengemeinden 1993 überhaupt entstanden. Aber in laufendem Jahr verhielten sich die für die polizeiliche Registrierung zuständigen Beamten keineswegs partnerschaftlich und belegten einer der Reiseteilnehmerinnen sogar mit einer Geldstrafe.

 

Doch einmal wieder überwog das Positive. Beim Festgottesdienst zum 90-jährigen Jubiläum der Gemeinde Uljanowsk am 29. Juni durfte Klaus Schilbach die Predigt halten. Ein Tag später feierte die Gemeinde am Flußufer das 15-jährige Bestehen der Partnerschaft und den 72. Geburtstag des Initiators der Partnerschaft. Trotz Schwierigkeiten mit dem Zoll konnte der Gemeinde ein gebrauchter Mercedes-Minibus mit Hebebühne zur Beförderung von Rollstuhlfahrern überlassen werden. Neben der Drogentherapie gehören eine Suppenküche und Sommerlager für Kinder zu den Projekten, die die deutschen Gäste haben mit aufbauen können.

 

Schilbach versicherte, Alexander Lewkowski, der Pastor der 300-köpfigen Gemeinde, habe ein beachtliches Organisationstalent entwickelt. In diesem Jahr seien die Ausflüge nach Kasan und zur Baptistengemeinde Samara (Pastor Wiktor Rjagusov) „bis aufs i-Tüpfelchen“ geregelt gewesen. Überall seien die Gäste „mit Essen und Freundlichkeiten überschüttet“ worden.

 

Bei einem erstmaligen Besuch in der Moskauer Zentrale der Russischen Union der Evangeli­ums­christen-Baptisten (RUECB) am 9. Juli sprudelte Bundespräsident Juri Sipko vor Dankbar­keit über. „Gott sei dank, daß es Euch gibt!“ betonte er. „Bei uns wird es den Gemeinden immer schwieriger, ein Bethaus zu erwerben. Ohne Eure Hilfe, würde die Gemeinde Uljanowsk heute ohne eigene Immobilie da stehen.“ Uljanowsk, die Geburtsstadt Lenins, beschrieb er als eine Zitadelle des Atheismus, in die die deutschen Freunde geholfen hätten, eine Bresche zu schlagen.

 

Sipkos Zusicherung, sein Bund „finde sich in der Schuld“ gegenüber den Krefeldern, wies Klaus Schilbach entschieden zurück. „Wir kehren alle reichlich beschenkt nach Hause zurück“ – wobei er nicht den mitgegebenen Honig und die Schockolade meinte. Anderswo in Moskau fügte der Gruppenleiter hinzu: „Wir sind auch die Beschenkten. Diese Glaubenszu­versicht und Glaubenstreue, die freie ohne, Konsequenzen bedenkende gläubige Lebenshaltung – das ist es, was uns begeistert.“ Seine Gattin, Inge Schilbach, beschrieb das Geschenk als die Mitfreude: „Ich erfahre, daß ich durch meinen Besuch Menschen glücklich mache. Das macht mich dann auch froh.“

 

Eine Meinung

Mit sieben Deutschen im Schlepptau zog Klaus Schilbach am 10. Juli durch zwei Niederlassungen der Deutschen Botschaft Moskaus. Es ging darum, in einer schier aussichtslosen Lage doch noch Visa für eine Reisegruppe nach Deutschland zu ergattern. Der Krefelder gehört eben zu den unschlagbaren „Machern“. Er ist eine Indiz dafür, daß Gemeindeprojekte nur selten gelingen, wenn ihnen kein zu allem entschlossener „Macher“ an der Spitze stehe.

 

„Doch ein Atemzug Gottes dauert 10 Jahre“, meinte der Pensionär. Erst nach einer erfolgreich überstandenen Bewährungsprobe von 10 Jahren könne ein Projekt mit allgemeiner Akzeptanz durch eine Gemeinde oder Kirche rechnen. Zu groß seien die anfänglichen Vorbehalte, ein Projekt könne der Gemeinde zusätzliche zeitliche und finanzielle Belastungen bescheren. „Jetzt kommen die Leute von alleine“, stellte Schilbach strahlend fest. „Jetzt beginnen Menschen, die 30 Jahre jünger sind als wir, die Initiative zu ergreifen.“ Anfangs machten nur zwei bis vier Personen die jährliche Fahrt nach Uljanowsk mit. In diesem Jahr kam man auf die Rekordzahl von 16.

 

Die Partnerschaft Krefeld – Uljanowsk ist die einzig funktionierende Partnerschaft zwischen einer Gemeinde des Bundes Evange­lisch-Freikirchlicher Gemeinden (BEFG) und einer Gemeinde der RUECB.

 

Dr. William Yoder

Abteilung für kirchliche Außenbeziehungen der RUECB

Moskau, den 14. Juli 2008

 

Eine Veröffentlichung der Abteilung für kirchliche Außenbeziehungen bei der Russischen Union der Evangeliumschristen-Baptisten. Sie will informieren und erhebt nicht den Anspruch, eine einheitliche, offizielle Position der RUECB-Leitung zu vertreten. Zur Veröffentlichung freigege­ben. Meldung Nr. 08-30, 610 Wörter.

 

Meldung 08-03 vom 26.01.2008 befaßt sich mit derselben Thematik.