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Die belarussischen Baptisten verfügen über ein imponierendes Sommerlager

Schwerter zu Kinderzentren

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Das „Kindergesundheitszentrum Zhemtschuzhinka“ hat einiges zu bieten

 

Reportage

 

M o s k a u -- Im weißrussischen Imenin sieben Kilometer nördlich der baptistischen Hochburg von Kobrin wurde aus einem Schwert ein Kinderlager, das sich sehen lassen kann. Auf dem weiträumigen Gelände einer Raketenstellung ist am 3. Juni 1995 nach zweijährigen Restaurationsarbeiten das „Kindergesundheitszentrum Zhemtschuzhinka“ (Kleine Perle) offiziell ins Leben gerufen worden. „Zu der Zeit suchte unsere Regierung händeringend nach Abnehmern für brachliegende Militärgelände; da ist unser Baptistenbund gerne in die Bresche gesprungen,“ erzählte Iwan Gritsjuta, der Stellvertretende Leiter des Großvorhabens. Bald vermengten sich die ehemaligen Militärgüter beider Machtblöcke auf dem Gelände als der inzwischen verstorbene deutsche Baptist Helmut Sonnenberg (Wernigerode) seine Hilfslieferungen aus den Beständen der NATO-Armeen aufnahm.

 

Inzwischen haben mehr als 14.000 Kinder und Jugendliche aus dem ganzen Lande die Tore des Lagers passiert; sein Hauptdienst besteht weiterhin im Abhalten von Sommerlagern. Die Kinder stammen nur zur Hälfte aus baptistischen Familien; Veröffentlichungen des Zentrums geben an, daß mehr als 5.000 von ihnen sich für ein Leben mit Jesus entschieden hätten. Zhemtschuzhinka will mit seinen 230 Betten in diesem Sommer vier 15-tägige Lager für jeweils 190 Kinder durchführen. Hinzu kommen ein 8-tägiges Lager für altere Jugendliche und ein 6-tägiges Lager für jene Kinder, die am meisten an den Folgen von Tschernobyl zu leiden haben. Während des Lageraufenthaltes werden die Kinder medizinisch auf Herz und Nieren (und natürlich auch Schilddrüse) geprüft. Medizinische Untersuchungen werden auch Erwachsenen angeboten; inzwischen wurden über 41.000 von ihnen medizinisch überprüft. Eine Poliklinik und Zahnarztpraxis stehen mit im Angebot – alles ohne staatliche Zuwendungen. Weil das Zentrum Natur und Räumlichkeiten in üppigem Maße zu bieten hat, sollen in diesem Jahr auch mindestens 12 Konferenzen und fünf Hochzeiten dort stattfinden.

 

Doch die Leitung des Zentrums hat noch sehr viel mehr vor. Ein höchst ansehnliches, rekonstruiertes Gebäude (ein Seniorenheim) mit 28 Räumen für betagte und bedürfte Menschen will in absehbare Zukunft seine Türen öffnen. In gehörigem Abstand vom Kinderlager (etwa fünf Kilometer) entsteht in einer Waldlichtung ein Rehabilitierungszentrum für Suchtkranke.

 

Es stellt sich dabei auf die Frage, ob das Projekt für einen Kirchenbund mit nur 13.500 Mitgliedern nicht überdimensioniert sei und einen übermäßig hohen Prozentsatz der wenigen, vorhandenen Geldmittel an sich ziehe. Allerdings läßt sich die Frage kaum beantworten – vielleicht werde die Öffentlichkeit auch erst aufmerksam auf protestantische Vorhaben, wenn sie von dieser Größenordnung sind.

 

Besonders überzeugend ist die Tatsache, daß das Kinderzentrum Schritte in Richtung finanzieller Selbständigkeit unternimmt. Neben mehreren Gewächshäusern entsteht nun der Ackerbau auf offenem Felde. Extra dafür wurde zusätzliches, angrenzendes Land aufgekauft; das Areal umfaßt nun 40 Hektar. Darauf sollen später auch die Klienten des Suchthilfezentrums Beschäftigungstherapie erleben. Heiße Semmel wären in der Umgebung immer gefragt: In der ehemaligen Offizierssauna soll eine Bäckerei entstehen. Vor Monaten wunderten sich die Lagermitarbeiter über einen Gast aus USA, der sich fast ausschließlich für Stromrechnungen interessierte. Sein Nachbohren hatte dennoch einen Sinn, denn zum Schluß spendete er dem Zentrum drei neue, mittelgroße Windräder belorussischer Produktion. Demnächst sollen die Windräder das gesamte Gelände mit Strom versorgen. Zhemtschuzhinka soll erst der dritte Windpark Weißrußlands werden. „Auf eine solche Idee wären wir selbst nie gekommen,“ gestand der ukrainische Vizedirektor Gritsjuta. „Doch wer könnte Einwände gegen ein solches Projekt haben?“

 

Bei einem Vorhaben dieser Größenordnung wird nahezu alles benötigt: Möbel, Fahrzeuge, Ersatzteile, landwirtschaftliche Maschinen, Bettwäsche, Kleidung, Küchengeräte – ohne überhaupt von den noch leerstehenden Räumen des Seniorenheims zu reden. Im Winter sind die Räumlichkeiten leider kaum zu verwenden. Dort, wo Heizungsanlagen bereits bestehen, erhebt sich das Problem der Heizkosten.

 

Natürlich sind auch Menschen gefragt. Freiwillige Handwerker, Bauarbeiter, Kraftfahrer, Köche, Kinderpädagogen, Ärzte, Krankenschwestern und Landwirte. Gibt es einen pensionierten Bäckermeister, der willige Hände anleiten möchte? Könnten nicht auch Missionsteams aus westlicher Richtung mit anfassen? Zu den bisherigen Hauptspendern zählt der medizinische Dienst der Missouri-Convention der US-Südbaptisten; anfangs waren auch Aussiedlermissionen wie „Logos“ und „Friedensstimme“ am Aufbau beteiligt. Gegenwärtig mit von der Partie ist die „German Baptist Aid“ des deutschen „Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden“.

 

Was spräche gegen Konferenzen westlicher Gruppen im weißrussischen Grünen? Nach Berichten der Zentrumsleitung erkennen die Minsker Behörden deren Leistungen zum medizinischen Wohl der Allgemeinheit durchaus an. Zhemtschuzhinka kann deshalb dafür sorgen, daß möglichst alle möglichst rasch mit Einladungen für den Visumserhalt ausgestattet werden. An den Kosten würde es nicht scheitern: Eine Bahnfahrt von Stettin bis Terespol quer durch Polen kostet gegenwärtig 16 Euro. Von der Grenze bei Terespol/Brest sind es ganze 45 Kilometer bis Kobrin.

 

Doch die Zentrumsleitung gesteht, daß die Kontakte etwa nach Polen sehr schwach entwickelt seien. Zwischen ihnen steht bekanntlich die Mauer von Schengen und auch die Baptisten westlich dieser Mauer orientieren sich lieber in Richtung der untergehenden Sonne.

 

Unglaublich aber wahr: Belarus verfügt über eine optische Sauberkeit schweizerischen Niveaus. Auf den Straßen liegt so gut wie kein Müll. Doch verbirgt sich hinter dem Grünen allenthalben Cäsium-137? Es gibt Zweifler, die behaupten, ganz Belarus sei seit 1986 atomar verstrahlt und eine Kindererholung, die ihren Namen verdiene, nur im Ausland stattfinden könne. Doch Lagerverantwortliche wie Iwan Gritsjuta insistieren, Imenin verfüge auch nach internationalen Maßstäben über hervorragende ökologische Werte.

 

Direktor von Zhemtschuzhinka ist der Baptistenpastor Wladimir Wanditsch. Das Zentrum ist weiterhin ausschließliches Eigentum der in Minsk ansässigen „Union der Evangeliumschristen-Baptisten in der Republik Belarus“. Das Zentrum ist über die Anschrift „kobrincamp@mail.ru“ zu erreichen. Seine russischsprachige Webseite hat die Adresse: „www.campkobrin.org“.

 

Dr. William Yoder

Abteilung für kirchliche Außenbeziehungen der RUECB

Moskau, den 19. Juni 2009

 

Eine Veröffentlichung der Abteilung für kirchliche Außenbeziehungen bei der Russischen Union der Evangeliumschristen-Baptisten. Sie will informieren und erhebt nicht den Anspruch, eine einheitliche, offizielle Position der RUECB-Leitung zu vertreten. Zur Veröffentlichung freigegeben. Meldung Nr. 09-19, 852 Wörter oder 6.468 Anschläge mit Leerzeichen.