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Seelsorge an Pastoren

Seelsorge für eine ganz besondere Klientel

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Ein „Zentrum für die Unterstützung von Pastoren“ soll im kommenden Jahr entstehen

 

M o s k a u -- „Was in der Welt vorkommt, kommt in geringerem Maße auch bei uns vor. Auch wir sind Versuchungen ausgeliefert.“ So kommentiert Pastor Sergei Wladimirowitsch Babitsch (Moskau) die Tatsache, daß auch Pastoren der „Russischen Union der Evangeliumschristen-Baptisten“ (RUECB) in Sünden und Abhängigkeiten geraten, aus denen sie sich nicht eigenständig befreien können. Über Fragen von Familie, sexuellen Abhängigkeiten, Alkohol und finanziellen Schwierigkeiten stolpern Pastoren am meisten – wie bei Christen wohl überhaupt. „Doch Pastoren sind eine ganz besondere Klientel,“ fügt der Mitarbeiter der Pastorenabteilung der RUECB hinzu. „Sie halten sich bereits für gebildet und lebenserfahren. Es scheint manchmal so, als würden sie nicht länger Antworten für sich selber suchen – sie geben sie stattdessen nur anderen.“

 

Ein neues, von der Pastorenabteilung entworfenes Programm betont zwei Bereiche: Prävention und Rehabilitation. Die Themen umfassen eine gesunde Lebenshaltung, eine positive Sexualität, eheliches Wachstum, Kindererziehung und die Formierung einer wahrlich geistlichen Persönlichkeit. Pastoren wünschen sich Zusammenkünfte, die sich weniger mit Theorie befassen und mehr mit praktischen Hinweisen bezüglich des rechten Umgangs mit Versagen, Konflikten, Enttäuschungen und Zweifeln. Im Laufe eines geplanten, 10-tägigen Kurses soll Pastoren eine tägliche, höchstvertrauliche und hochqualifizierte Seelsorge angeboten werden. Auszeiten für das Zwiegespräch mit Gott und den Austausch mit Kollegen im Kleinkreis sind ebenfalls vorgesehen.

 

Am 30. Juni konnte Babitsch erstmals die Zentrale der deutschen Baptisten, des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden, in Elstal bei Berlin besuchen. Dort traf er sich zu Beratungen mit den Pastoren Olaf Kormannshaus und Friedbert Neese zusammen. Neese ist in besonderer Weise für die Betreuung von ordinierten Mitarbeitern zuständig. Er besuchte ebenfalls den baptistischen Pastor und Seelsorger Hermann Hartfeld (Brühl). Der russische Gast interessierte sich insbesondere für die unter deutschen Pastoren geläufige „Supervision“. Bei solchen, regelmäßig stattfindenden Treffen reagiert ein Kreis von Kollegen auf die persönlichen Fragen und Bedürfnisse, die von einem der anwesenden Pastoren vorgetragen werden. Nach Babitsch „löst Gott manchmal auf eine wundervolle Art und Weise Probleme des Einzelnen“ durch den Austausch mit Kollegen.

 

Der Moskauer Pastor sieht in der Prävention einen Grundstein bei der Ausbildung und Entwicklung von Pastoren. Nach seiner Überzeugung sei es nicht länger hinzunehmen, daß „unreife oder neubekehrte Menschen, die auf diesen Dienst nicht vorbereit worden sind, zu Pastoren berufen werden. Ein solcher Bruder muß für den Dienst zugerüstet werden. Die Ernennung verlangt, daß er gewisse charakterliche und bildungsmäßige Voraussetzungen erfüllt – und, daß er Zugang zu einer entsprechenden Zurüstung hat.“ Babitsch denkt an eine Art Vikariat, die ein bis drei Jahre dauert und regelmäßige Treffen mit Kollegen, einem Mentor oder dem zuständigen „Bischof“ (Altpresbyter) mit einschließt.

 

Zur Rehabilitation meint Babitsch: „Auch nach einer persönlichen Katastrophe oder einem Versagen muß es mit dem Leben des Pastors weitergehen. Ein Pastor, der viele Jahre dem Dienst für Gott gewidmet hat, soll nicht hinterher das Gefühl haben, ein Geächteter zu sein, der nur noch von Gott benötigt sei. Das eheliche Scheitern eines Pastors soll nicht bedeuten, daß er automatisch von allen Formen der kirchlichen Weiterbeschäftigung ausgeschlossen werde.“ In der Hoffnung auf erhöhte Gerechtigkeit und eine tatsächliche Hilfe für die Betroffenen, sollen die Prozesse von Prävention und Rehabilitation koordiniert und standardisiert werden.

 

Nun hofft Sergei Babitsch auf die Fortsetzung der Beratungen in Deutschland und die Fortführung seiner Einweisung in die deutschen Erfahrungen. Er und ein Team von Kollegen sind bemüht, diesen neuen Dienst auf so viele Regionen Rußlands wie möglich auszudehnen. Er geht davon aus, daß ein „Zentrum für die Unterstützung von Pastoren“ im kommenden Jahr an einem konkreten Ort im Großraum Moskau seinen Dienst aufnehmen kann.

 

Leiter der Pastorenabteilung ist Alexei Wassilewitsch Smirnow (Dedowsk bei Moskau), leitender Pastor bei der mit der RUECB verbundenen „Assoziation der Brüdergemeinden“ (ABTs).

 

Dr. William Yoder

Abteilung für kirchliche Außenbeziehungen der RUECB

Moskau, den 2. Oktober 2009

 

Eine Veröffentlichung der Abteilung für kirchliche Außenbeziehungen bei der Russischen Union der Evangeliumschristen-Baptisten. Zur Veröffentlichung freigegeben. Meldung Nr. 09-29, 589 Wörter oder 4.316 Anschläge mit Leerzeichen.

 

Anmerkung von September 2020: Sergei Babitsch wohnt nicht mehr in Rußland. Seit rund zwei Jahren dient er als Pastor einer russischsprachingen Gemeinde in Straßburg/Frankreich.