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Gemeinsame orthodox-baptistische Stellungnahmen nach einem Mord

Ein Aufruf zu gemeinsamen, orthodox-protestantischen Anstrengungen

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Russische Baptisten nehmen zum gewaltsamen Tod eines orthodoxen Geistlichen Stellung

 

M o s k a u – In einem Kondolenzschreiben an Kirill, den Patriarchen der Russischen Orthodoxen Kirche, am Tage nach der Ermordung eines Priesters, rief Juri Sipko, der Präsident der Russischen Union der Evangeliumschristen-Baptisten (RUECB), zum gemeinsamen Einsatz und Gebet auf. Ziel sei es, „aufkommenden, negativen Tendenzen in der Gesellschaft entgegenzuwirken“. Daniel Sysojew, ein 35-jähriger Ehemann und Vater dreier Töchter, war kurz vor Mitternacht am 19. November auf dem Hof seiner Moskauer Kirche aus nächster Nähe erschossen worden. Sein Chorleiter wurde schwer verletzt.

 

„Was soll noch aus unserer Gesellschaft werden,“ fragte Witali Wlasenko, Direktor für kirchliche Außenbeziehungen bei der RUECB, in einem Gespräch nach dem Vorfall. „Nicht einmal ein Priester kann sich auf seinem Kirchengelände sicher fühlen! Die Leiter unserer Kirchen müssen zusammenkommen und gemeinsam darüber beraten, wie der gegenwärtigen Gefahr am besten beizukommen sei.“

 

In einer weiteren Stellungnahme rief RUECB-Missionsleiter Ruwim Woloschin zu gemeinsamen, orthodox-protestantischen Anstrengungen auf, um den gegenwärtigen staatlichen Vorstoß zur Drosselung missionarischer Aktivitäten aufzuhalten. „Auf den Gängen der russischen Macht wird eine neue Gesetzgebung über missionarische Tätigkeiten vorbereitet. Das ist absurd! Wir setzen solche unter Druck, die andersartig sind, und verfolge jene, die uns segnen.“ Dabei zitierte Woloschin den Kirchenvater Tertullian: „Das Blut der Märtyrer ist der Samen der Kirche“, und stellte Sysojews Tod in eine Reihe mit der Tötung des beliebten und toleranten Priesters Alexander Men im September 1990. Woloschins Brief schließt mit der Zusicherung: „Wir sehen uns wieder an den Füßen des Heilands.“

 

Wlasenko beschrieb die baptistische Reaktion in diesen beiden Briefen als einen Ausdruck tiefster Trauer. Sysojew war als orthodoxer Fundamentalist bekannt, der häufig gegen „Sektierer“ wie Adventisten und Zeugen Jehovas auftrat. Doch Wlasenko versicherte: „Vater Sysojew hatte das Recht auf eine eigene Meinung. Ihm stand das Recht zu, uns oder die Mormonen zu kritisieren. Und das hätte niemals seine Tötung gerechtfertigt! Unsere Äußerungen zu seinem Gunsten sollten als Unterstützung der Glaubensfreiheit gewertet werden.“

 

Trotz Äußerungen ernsthafter Trauer seitens des Patriarchen ist festzustellen, daß Sysojew auch der orthodoxen Hierarchie kein einfacher Mitarbeiter war, denn er fungierte außerhalb der Grenzen „politischer Korrektheit“. In Moskau missionierte er unter muslimischen Gastarbeitern aus den zentralasiatischen Nachbarstaaten und behauptete, sogar 80 von ihnen getauft zu haben. Verschiedentlich geißelte er die islamische Welt als die „grüne Pest“ und verfaßte ein Buch, das sich gegen Eheschließungen zwischen Christen und Muslimen aussprach. Er gab an, 14 anonyme Todesdrohungen erhalten zu haben – islamistische Nationalisten sind auch am ehesten für seinen Tod verantwortlich.

 

Bisher haben muslimische und russisch-orthodoxe Hierarchien die Bevölkerung der zentralasiatischen Republiken unter sich aufgeteilt und stillschweigend vereinbart, keine „Schafe“ im anderen Lager zu stehlen. Da stößt Sysojews mangelnde „Korrektheit“ wiederum auf Sympathie seitens der Baptisten, denn die evangelistischen Bemühungen von Orthodoxen und Protestanten widersprechen dem traditionellen Verständnis kanonischen Rechts wie es von der orthodoxen Hierarchie vertreten wird. Das Missionieren von Orthodoxen sowie von Protestanten unter den Gläubigen anderer Religionen steht auch im Widerspruch zur Gesetzgebung gegen die Mission, die von der russischen Justizabteilung anvisiert wird.

 

Dr. phil. William Yoder

Abteilung für kirchliche Außenbeziehungen der RUECB

Moskau, den 28. November 2009

 

Eine Veröffentlichung der Abteilung für kirchliche Außenbeziehungen bei der Russischen Union der Evangeliumschristen-Baptisten. Meldung Nr. 09-37, 479 Wörter oder 3.618 Anschläge mit Leerzeichen.