· 

Der alte Lenin darf stehen bleiben

Russische Baptisten sind keine Bilderstürmer

-----------------------------------------------------------------------------

Baptistischer Leiter für kirchliche Außenbeziehungen unterstützt die Erhaltung von Lenin-Denkmälern

 

M o s k a u – Die Aussagen der Unionsführung der russischen Baptisten ließen sich nicht als „bildstürmerisch“ bezeichnen. Nach der versuchten Sprengung eines Lenin-Denkmals sagte Witali Wlasenko, Leiter für kirchliche Außenbeziehungen bei der „Russischen Union der Evangeliumschristen-Baptisten“ (RUECB) in einer Stellungnahme vom 22. April: „Ich denke, daß Denkmäler an Ort und Stelle bleiben sollten, auch wenn sie andere Ideologien und Menschen als die eigenen darstellen. Wir müssen unsere Geschichte in Ehre halten - ungeachtet ihrer negativen Seiten.“

 

In der Nacht zum 1. April war ein metergroßes Loch im Rücken eines gewaltigen Lenin-Denkmals vor dem Finnlandski Bahnhof in St. Petersburg gesprengt worden. Bald danach bekannte sich ein „patriotischer“ Verein namens „Kampfliegerschwadron Saleski“ zu der Tat. Innerhalb von 20 Tagen war das Standbild – abgesehen vom Sockel – wiederhergestellt. Die Sanierung kostete dem russischen Steuerzahler 6 Mill. Rubel (167.000 Euro bzw. $200.000). Die Stellungnahme auf der Webseite der russischen Baptisten (www.baptist.org.ru) behauptete, daß sich die US-Regierung anders verhalten hätte. In den USA sei der Staat stets sehr zögerlich, Steuergelder für Zwecke auszugeben – Abtreibung z.B., die unter den Steuerzahlern sehr umstritten sind.

 

Der Abteilungsleiter räumte ein, das Leninsche Erbe erzeuge in ihm widersprüchliche Gefühle. Lenin trug zur Zerstörung der russischen Orthodoxie und der Intelligenz bei; er trage auch entscheidende Mitverantwortung für den Ausbruch eines verheerenden Bürgerkriegs. Jedoch haben Russen nicht die Freiheit, die eigene Geschichte aus dem Wege zu räumen. Denkmäler zu Ehren Lenins „werden uns stets an sehr schwere Zeiten in unserer Geschichte erinnern“.

 

Pastor Juri Sipko, bis März Präsident der RUECB, sprach sich wiederholt für eine Beerdigung der einbalsamierten Überreste Lenins, die sich nach wie vor im Mausoleum am Roten Platz befinden, aus. Dem stimmt auch Wlasenko zu und räumt, ein, seine eigene Argumentation bezüglich der Denkmäler sei „nur bedingt anwendbar“. Sie dürfe niemals dazu verwendet werden, die Wiederaufstellung von Denkmälern zu Ehren Stalins gutzuheißen.

 

“Liebe Brüder und Schwestern”

Zur Osterbotschaft der Kommunistischen Partei Rußlands

 

Über ein Ereignis, das mit obiger Meldung keineswegs im Zusammenhang steht.

 

Am 4. April richtete Gennadi Sjuganow, der Parteichef der Kommunistischen Partei Rußlands, eine Osterbotschaft an die orthodoxen Christen in seinem Lande. Dabei sprach er die Gläubigen des „Heiligen Rus“ als „Brüder und Schwestern“ an und lobte ihre Kirche dafür, daß sie die Nation stets daran erinnere, „ihre edle Berufung nicht zu vergessen“ in den „dunklen Tagen der Gegenwart“. Er beschrieb „Arbeit, Gerechtigkeit, Gleichheit, Brüderschaft und Wahrheit“ als großartige Werte und Ziele, die gleichermaßen vom christlichen Glauben und vom kommunistischen Weltbild getragen werden.

 

Sjuganow schloß mit den Worten: „Ich glaube, daß wir mit vereinten Kräften Rus wiederaufleben und wiederherstellen können.“

 

„Rus“ (auch „Kiewer Rus“) ist ein historischer, mystisch verklärter Begriff für die mittelalterliche Union von Rußland, Ukraine und Belarus. Das Moskauer Patriarchat der Russischen Orthodoxen Kirche sieht „Rus“ – und nicht nur Rußland – als ihr kanonisches Territorium an.

 

Dr.phil. William Yoder

Moskau, den 20. Mai 2010
Pressedienst der Russischen Evangelischen Allianz

 

Meldung Nr. 10-14, 455 Wörter oder 3.296 Anschläge mit Leerzeichen.