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Baptistische Partnerschaft Rußland-Serbien beginnt

Eine Partnerschaft mit einem Unterschied

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Die Baptisten von Serbien und Rußland gründen eine Partnerschaft

 

M o s k a u – Die Baptisten von Serbien und Rußland arbeiten an einer Partnerschaft mit einem kleinen Unterschied zu den sonst üblichen: es handelt sich um eine Partnerschaft zwischen zwei slawischen Ländern. Dieses Vorhaben wurde öffentlich durch die Anwesenheit von Witali Wlasenko (Moskau), Abteilungsleiter für kirchliche Außenbeziehungen bei der „Russischen Union der Evangeliumschristen-Baptisten“, in der südserbischen Stadt Niš am 30. April und am 1. Mai. An diesen Tagen feierte die “Union der Evangeliumschristen-Baptisten von Serbien (Serbien Süd) den 1.700 Jahrestag des Edikts von Mailand. Zu den weiteren Ehrengästen zählten John Upton (Richmond/Virginia), Präsident des Baptistischen Weltbundes, und Akos Bukovsky (Budapest) von der Baptistischen Union Ungarns. Präsident der südserbischen Union ist Cedo Ralev. Sechzig Besucher waren bei den Feierlichkeiten zugegen.

 

Seit Jahrhunderten verstehen sich Russen und Serben als “Waffenbrüder”. Rußland hat immer wieder in Auseinandersetzungen mit den osmanischen und österreich-ungarischen Nachbarn für die Sache Serbiens Partei ergriffen. Aus den gleichen Gründen besteht ein besonderes Verhältnis ebenfalls zwischen Russen und Bulgaren – einer weiteren slawischen und orthodoxen Nation.

 

Der römische Kaiser Konstantin der Große  kam um das Jahr 272 in Naissus – heute ein Teil der Stadt Niš – zur Welt. Nach Jahrhunderten brutaler Verfolgung von Christen sorgten er und sein kaiserlicher Konkurrent Licinius mit dem Toleranzedikt von 313 für eine politische Kehrtwendung historischen Ranges. Diese radikale Übereinkunft legalisierte den christlichen Glauben sowie alle anderen im Reich vorhandenen Religionen. Konstantins Taufe kurz vor seinem Tode im Jahre 337 machte ihn zum ersten, offiziell christlichen Kaiser. Doch verständlicherweise entsprach diese Gesetzgebung nur teilweise den Vorstellungen der späteren Täufer und der heutigen evangelischen Freikirchlern. Konstantin ließ sich später auf die staatliche Bevorzugung und Patronage einer bestimmten Religion ein. Ein derartiger „Konstantinismus“ bleibt bis heute ein ernsthaftes Problem in Serbien sowie anderen osteuropäischen Staaten.

 

Diese Jubiläumsfeier läßt sich als Hilferuf der kleinen, 700-Mitglieder-und-14-Gemeinden-starken baptistischen Union von Südserbien begreifen. Im Jahre 2006 wurden „nichttraditionellen“ Glaubensgemeinschaften wie Baptisten und Adventisten die Steuerfreiheit und ihr Status als religiöse Organisationen aberkannt. Beide waren seit mehr als einem Jahrhundert in Serbien aktiv. Diese „nichttraditionellen“ Konfessionen sind wiederholt der Gewaltanwendung durch kriminelle Gruppierungen ausgesetzt gewesen. Im Mai 2012 verschlechterten sich die Beziehungen weiter als Tomislav Nikolić, ein ehemaliger, leitender Politiker in der radikalen, nationalistischen Partei des angeklagten Kriegsverbrechers Vojislav Šešelj, das Präsidentenamt übernahm. Doch Serbien, ein offizieller Kandidat für die Aufnahme in die Europäische Union, wird seine religiöse Gesetzgebung modifizieren müssen falls das Land jemals Mitglied werden soll.

 

Serben stufen Katholiken als Kroaten oder Slowenen ein. Gemäß ihres Rufes hielten kroatische Katholiken Gebetswachen ab und stritten vehement für die Entlassung von Ante Gotovina und Mladen Markač - zwei Generälen, die vom Haagener Kriegstribunal zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden waren. Nach ihrer Freisprechung und Entlassung am 16. November 2012 wurden sie in Zagreb als heimkehrende Helden gefeiert. Die Serben reagierten mit Abscheu und Verzweiflung.

 

Freikirchliche Protestanten sind bekanntlich um viele Nummern kleiner – sie werden in der Regel als schmalspurige Agenten der NATO-Staaten abqualifiziert. Die Baptisten Serbiens fordern deshalb von ihren Landsleuten, daß sie endlich als eine legitime und genuine christliche Gemeinschaft anerkannt werden. In einer Stellungnahme unmittelbar nach den Feierlichkeiten in Niš schrieb die südserbische Unionsleitung: „Generell harrt das Edikt von Mailand weiterhin seiner Erfüllung. . . . Wir Baptisten . . ., eine Minderheit innerhalb der Minderheit, hoffen verstanden und akzeptiert zu werden als eine Kirche, die den Herrn Jesus Christus als den einzigen wahren Gott und Heiland verkündigt.“

 

In Moskau gab Wlasenko zu Protokoll, eine russisch-serbische Partnerschaft müsse Bemühungen um Vermittlung und Versöhnung in einem von Krieg und ethnischen Konflikten heimgesuchten Gebiet umfassen. Zu ihnen zählten Druck auf westliche Staaten und das Kosovo, eine Dokumentation zu liefern, die den Tausenden von serbischen Flüchtlingen eine Kompensation gewährt für die Häuser, die sie während der ethnischen Säuberungen im Kosovo nach 1999 verloren haben. Der Abteilungsleiter fügte hinzu, daß Beziehungen zwischen den Baptisten von Albanien und Serbien ebenfalls verbesserungswürdig seien. Die russischen Baptisten haben Erfahrungen im Umgang mit der Orthodoxie auf höchster Ebene und könnten helfen, Beziehungen mit der serbischen Orthodoxie aufzubauen. Eine der wenigen Begegnungen mit Orthodoxen zum Zeitpunkt dieser Feierlichkeiten ereignete sich in Belgrad als ausländische Besucher mit dem langjährigen, europäisch-gesinnten orthodoxen Journalisten und Vertrauten von Patriarchen, Živica Tucić, zusammentrafen.

 

Sogar Beziehungen zwischen Baptisten innerhalb Serbiens lassen zu wünschen übrig. Die größere „Union der baptistischen Kirchen in Serbien (Nordserbien)“ besteht aus 69 Ortsgemeinden mit etwa 1.983 Mitgliedern. Ihre Gemeinden befinden sich vor allem in Belgrad und im nordserbischen Gebiet von Wojwodina. Zwischen 1699 und 1918 gehörte dieses multiethnische Gebiet dem Reich der Habsburger an. Witali Wlasenko insistierte: „Wir werden Beziehungen mit beiden Unionen pflegen – wir sehen sie nicht als getrennte Größen an. Zwischen Serben und den Staatsbürgern von Serbien wollen wir nicht unterscheiden.“ Beispielsweise ist der Präsident der nördlichen Baptisten, Ondrej Franka (Bački Petrovac), slowakischer Ethnizität. Serbische und russische Baptisten sind auch keineswegs gewillt, eine Partnerschaft gegen den Westen zu bilden. Ein mögliches, von John Upton vorgeschlagenes Projekt betraf die Durchführung von englischsprachigen Sommerlagern für Russen und die Bewohner Serbiens. Die Lehrer dafür würden aller Wahrscheinlichkeit nach aus Nordamerika kommen.

 

Eine Volkszählung von 2002 ergab 80.837 Protestanten innerhalb der Grenzen Serbiens – ohne das Kosovo. Das ergibt einen Bevölkerungsanteil von 1,08%, was auch ungefähr den Proportionen in Rußland entspricht. Die Mehrheit dieser Protestanten sind Lutheraner slowakischer Herkunft im Gebiet Wojwodina; die Reformierten in diesem Gebiet sind meistens ungarischer Ethnizität.

 

Dr.phil. William Yoder

Smolensk, den 24. Mai 2013

 

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