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Erzpriester Tschaplin gefeuert

Noch das Thema: Syrien und Rußland

 

Am 24. Dezember gab Kirill, Patriarch des Moskauer Patriarchats, seinem bekanntesten, langjährigen Kirchendiplomaten, dem Erzpriester Wsewolod Tschaplin, den Laufpaß. Seiner Kirche wirft Tschaplin eine unentschlossene Haltung gegenüber der Staatsmacht vor, „Wir sollten uns prophetisch verhalten und nicht immer ängstlich einen Blick nach hinten werfen, wenn wir uns äußern.“ Dem Nachrichtendienst „Interfax“ erklärte er ferner: „Die Kirche sollte niemanden anlächeln und umarmen, der als korrupt gilt.“ Danach erklärte der Gefeuerte, er habe Wladimir Putin wegen seiner fehlenden Entschiedenheit im Falle Donbass immer wieder kritisiert. Tschaplin trat stets für die Verteidigung von „Rus“ – einem Großrußland - ein.

 

Der konservative Nationalist Tschaplin bleibt Prior einer führenden Moskauer Kirchengemeinde.

 

Wsewolod Tschaplin Tschaplin war auch innerhalb Rußlands dafür kritisiert, daß er ganz im Sinne der mittelalterlichen Kreuzzügler den Krieg gegen den „Terror“ im Raum Syrien zu einem heiligen Krieg erklärt hatte. Er sprach sich sogar für den Einsatz von Nuklearwaffen aus.

 

In diesem Zusammenhang sind die Beiträge von Jacob Dreizin, einem in Washington arbeitenden Kritiker der US-Außenpolitik, lesenswert. (Siehe z.B. „russia-insider.com/en/curb-your-enthusiasm-russia-not-winning-syria/ri11485”

 

und “russia-insider.com/en/curb-your-enthusiasm-part-2-russia-still-not-winning-syria/ri12018”.) Am 27. November schrieb Dreizin: Die russische Behauptung, man müsse die Terroristen in Nahost bekämpfen, “damit wir sie nicht bei uns bekämpfen müssen, ist eine reine Fantasie, die man aus Amerika importiert hat”. „Mich schmerzt es, daß das kluge Rußland nun den Weisheiten aus Fox News und der Ära-Busch nachplappert. Für ein Land, das intellektuell den USA weit überlegen ist, . . . handelt es sich hier um einen neuen Tiefpunkt. Rußland hätte zuhause bleiben sollen. Nun befindet es sich in einer ausweglosen Situation und bewegt sich abwärts mit schwindelerregender Geschwindigkeit. Ich habe fast Angst davor, die Augen zu öffnen.“

 

Am 26. Dezember fügte er hinzu: Das Argument für eine russische Intervention sei “eine genaue Wiederspiegelung der Seuche, die Washington heimgesucht hat“. Doch nur die US-Wirtschaft sei groß genug, um sich ökonomische Debakel leisten zu können.

 

Mein Kommentar: Die Terrorismusgefahr wird nicht eliminiert durch das Eliminieren von „Terroristen“. Eine mathematische Lösung wie der Zermürbung (Attrition) geht nicht auf. Siehe z.B. Vietnam. Diplomatie und das Eingehen auf den sozialen-ökonomischen Aspekt der Problematik Nahost wären verheißungsvoller. Es gibt russische Politiker die behaupten, gerade auf die Diplomatie wolle das russische Außenministerium setzen. Das tröstet mich. Ich denke, es sei auch in Ordnung, daß Rußland auf Assad, fast den letzten noch amtierenden säkularen, multikonfessionell-orientierten Führer in Nahost, setzt. Auf diesen Aspekt geht Dreizin aber nicht ein.

 

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Dr. phil. William Yoder
Berlin, den 28. Dezember 2015

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