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Gebetsfrühstück in Rußland

Vergangene – und künftige – Blockaden überstehen

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Das Petersburger Gebetsfrühstück traf sich

 

M o s k a u –  Am 12. März feierte die Petersburger Filiale der russischen Gebetsfrühstücksbewegung ihr zehnjähriges Bestehen. Thematisch handelte es sich um die deutsche Blockade der Stadt im II. Weltkrieg; Überlebende erzählten bewegende Geschichten vom Überleben und von der Notwendigkeit gegenwärtiger Solidarität. Der Moskauer Witali Wlasenko, ein Botschafter der Weltallianz (WEA) an die Orthodoxie, fand die Erzählungen hilfreich. Er erzählte, daß die deutsche Konsulin der Stadt, Eltje Aderhold, den Tränen nahe auf das Vorgetragene reagierte.

 

Juri Sipko, Präsident der Russischen Baptistenunion bis 2010, vertrat eine gegenteilige Auffassung. Am 15. März nutzte er seine Facebook-Seite, um den Protestanten eine Kollusion mit dem gegenwärtigen russischen Staat vorzuwerfen. „Ich gestehe in aller Ehrlichkeit: Es war traurig gewesen. Geistliche Leiter stürzten in die Falle, die sie selbst gelegt hatten. Mit der Absicht, den Staat zu beeinflussen, sind sie ihm stattdessen unterlegen und folgen nun dessen Anweisungen. Das ist eindeutig eine Taktik der Niederlage. Diese Taktik ist bereits in Moskau gescheitert; dort findet das diesjährige Frühstück gar nicht statt. Ein Spiel mit dem Leibhaftigen führt nicht auf den Heiligen Berg.“

 

Peter Sautow, Oberhaupt der kleinen “Russischen Vereinigung Selbständiger Evangelischer Kirchen”, ist als Vorsitzender des Nationalen Gebetsfrühstücks ersetzt worden. Sein Nachfolger ist der orthodoxe Geschäftsmann Andrei Wassilewitsch Gaidamaka, langjähriger Manager bei „Lukoil“. Offensichtlich ist der Vorstand des Frühstücks darum bemüht, der Bewegung ein verstärkt russisches Gesicht zu geben. Sautow war für seine starken Beziehungen nach Nordamerika bekannt. Es wird berichtet, das Moskauer Gebetsfrühstück könnte noch im Mai – zwei Monate später als üblich – stattfinden. Doch das erscheint zunehmend unwahrscheinlicher.

 

Kommentar: Franklin Graham besucht Moskau

 

Nach Gesprächen mit dem Metropoliten Hilarion und anderen orthodoxen Führern traf sich Franklin Graham, Leiter der „Billy Graham Evangelistic Association“ und der humanitären „Samaritan‘s Purse“, mit einer ausgewählten Gruppe protestantischer Kirchenleiter in Moskau am 4. März. Der Pressedienst der führenden „Vereinigten Russischen Union der Christen Evangelisch-Pfingstlerischen Glaubens“ (ROSChWE) zitierte seinen Präsidenten, Bischof Sergei Rjachowski, am 15. März: „Es gibt viele Menschen in den USA, die sich gegen die Konfrontation und für den Dialog aussprechen. Ich bin mir gewiß, daß gemeinsame Projekte, die sich um den Schutz verfolgter Christen und die Linderung der Not Bedürftiger das Beste sind, das wir in der gegenwärtigen Lage tun können.“

 

Obwohl Graham ein Großteil seiner Zeit in Rußland mit Orthodoxen verbringt, behält seine Organisation ihr Hauptbüro weiterhin in der „Zweiten Baptistengemeinde“ Moskaus. Doch Protestanten fühlen sich vernachlässigt. Eine häufige Reaktion lautet: „Grahams Bemühungen haben eine sehr geringe Wirkung auf unsere Kreise. Es ist aber in Ordnung, daß er weiterhin nach hierher kommt. Wir brauchen Stimmen, die für eine Verständigung zwischen Rußland und dem Westen eintreten.“ Graham stellt sich weiterhin zur Propagierung traditioneller Familienwerte ein Bündnis konservativer, nordamerikanischer Evangelikaler mit der russischen Orthodoxie vor. Russische Protestanten vertreten meistens die gleiche Auffassung.

 

Dr. phil. William Yoder
Berlin, den 9. April 2019