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Billy Grahams Organisation ist in Russland wieder auf Kurs

Franklin Graham stattet Moskau einen Arbeitsbesuch ab

 

Kommentar

 

L a d u s c h k i n -- In Rußland hat sich Franklin Graham, Geschäftsführer der "Billy Graham Evangelistic Association" (BGEA) und ihrer humanitären Filiale, "Samaritan's Purse", von den erheblichen Rückschlägen des Jahres 2016 erholt. Im Mai jenes Jahres hatten sich die "Russisch-Orthodoxe Kirche" (ROK) und der Kreml abrupt von einem für Oktober in Moskau geplanten "Weltgipfel zur Verteidigung verfolgter Christen" zurückgezogen. Dies hatte zu finanziellen und politischen Verlusten seitens der BGEA geführt.

 

Obwohl kein hochkarätiger Gastgeber zu sehen war, werten protestantische Beobachter im Lande den Arbeitsbesuch Grahams in Moskau vom 26. bis 29. Juli 2021 als großen Erfolg. Zwar fand am 26. Juli hinter verschlossenen Türen ein Treffen zwischen Graham und dem für auswärtige Angelegenheiten zuständigen Metropoliten Hilarion statt. Bei öffentlichen Begegnungen waren jedoch weder Hilarion noch Patriarch Kirill und hochrangige Kreml-Akteure zu sehen.

 

Die "Russische Union der Evangeliumschristen-Baptisten" (RUECB) sowie die "Russische Evangelische Allianz" und ihr Generalsekretär Vitaly Vlasenko haben den starken Wunsch geäußert, Teil von Grahams Verbindungsbrücke zwischen Rußland und den USA zu sein. Obwohl zwei Fotos ausgereicht hätten, veröffentlichte die Website der russischen Baptisten 37 Fotos von den Treffen mit Graham. Die ROK und die BGEA sehen sich jedoch gegenseitig als die bei weitem wichtigsten Akteure in dieser christlichen Brücke - weitere Akteure auf der obersten Ebene sind nicht unbedingt willkommen.

 

Nachdem der alternde US-Präsident Joseph Biden am 17. März im nationalen Fernsehen bejaht hatte, daß Wladimir Putin ein "Mörder" sei, brauchte Franklin Graham nur einen Tag, um zu erwidern, daß die US-Regierung selbst stark an der "Tötung von Unschuldigen" - der Abtreibung - beteiligt sei. Auch die russischen Gastgeber würdigten eine mutige Erklärung Grahams, die er am 28. Juli in Moskau abgab: "Wenn Rußland in Syrien nicht eingegriffen hätte, gäbe es dort, glaube ich, keine einzige christliche Kirche mehr." Eine gemeinsame, christliche russisch-amerikanische Front zur Verteidigung der Religionsfreiheit ist seit langem ein Hauptthema in den Beziehungen zwischen BGEA und ROK.

 

Die russische Kirche und der Staat reagierten darauf, indem sie Graham zu einer "Weltkonferenz über interkulturellen und interreligiösen Dialog" einluden, die im Mai 2022 in St. Petersburg stattfinden soll. Die RUECB wies ihrerseits auf Veranstaltungen zur Evangelisation hin, die sie für Januar und Juli des nächsten Jahres plant. Die Veranstaltung im Juli trägt den Titel "Festival der Hoffnung".

 

Meiner Einschätzung nach kann eine "Friedensbrücke" zwischen Russland und den USA nur gelobt werden. Doch in einem stark polarisierten Umfeld wie den USA kann eine Friedensinitiative, die auf einer konservativen, familienfreundlichen und schwulenfeindlichen Agenda beruht, nur einen bestimmten Teil der Bevölkerung erreichen. Die liberale und stark säkulare Hälfte der US-Gesellschaft wird sich von einem solchen Ansatz fernhalten. Diese Brücke kann auch nur den Teil des konservativen, Trump-freundlichen Publikums erreichen, der nicht mit der Ukraine verbündet ist. Das dürften bestenfalls 25% der US-Bevölkerung sein - was immer noch ein respektabler Anfang sein könnte. Dieser Ansatz ist auch der liberalen und säkularen Minderheit in Rußland fremd. Ferner sind erwartungsgemäß die in Kiew beheimateten baptistischen und pfingstlerischen Unionen recht unglücklich über Grahams Auftreten in Moskau.

 

Seit den 1970er Jahren tritt Billy Grahams Organisation auf internationalen Bühnen auf, die andere christliche Gruppen nicht betreten wollen oder können. Eines von vielen Beispielen sind die bemerkenswerten Fotos des verstorbenen Billy Graham und Nordkoreas Kim Il-sung, die sich im April 1992 in Pjöngjang in die Arme fielen. Franklin selbst besuchte dieses Land zuletzt 2011. Hier in Moskau haben wir nur das jüngste Beispiel für solche friedensstiftenden Bemühungen erlebt.

 

Dr.phil. William Yoder

Laduschkin, den 3. August 2021

 

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